Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

514 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. III. Kapitel. 8 123. 
B. Vorschriften, die sich auf Fabrikarbeiter beziehen (88 134, 134 a -b). 
Für jede Fabrik, in welcher in der Regel mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden, muß 
nach § 134 a eine Arbeitsordnung erlassen werden, welche einen doppelten Zweck hat. Die- 
selbe stellt ein für allemal die Bedingungen auf, welche der Arbeitgeber den bei ihm Be- 
schäftigung suchenden Arbeitern anbietet, sie bildet also die Grundlage des Arbeitsvertrages. 
Sie enthält aber außerdem die zur Aufrechthaltung der technischen und wirthschaftlichen Ord- 
nung des Betriebes dienenden Vorschriften und sichert ihre Befolgung durch Strafbestimm- 
ungen. Vor Erlaß der Arbeitsordnung ist den in der Fabrik oder in der betreffenden Abtheilung 
des Betriebes beschäftigten großjährigen Arbeitern Gelegenheit zu geben, sich über den Inhalt 
derselben zu äußern. Für Fabriken, für welche ein ständiger Arbeiterausschuß besteht, wird 
dieser Vorschrift durch Anhörung des Ausschusses über den Inhalt der Arbeitsordnung genügt. 
C. Vorschriften für jugendliche Arbeiter. 1. Für alle minderjährigen als Ar- 
beiter beschäftigten Personen sind Arbeitsbücher vorgeschrieben, die von der Polizeibehörde aus- 
gestellt werden und den Namen des Arbeiters, Ort, Tag und Jahr seiner Geburt, sowie seine 
Unterschrift enthalten und in welche die Zeit des Eintrittes in die Arbeit und die Art der Be- 
schäftigung durch den Arbeitgeber einzutragen sind (R.Gew.O. 8§ 107—112). 
2. In Bezug auf Arbeiter unter 18 Jahren ist vorgeschrieben: a) daß Gewerbetreibende, 
denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, sich während dieser Zeit nicht mit der An- 
leitung solcher Arbeiter befassen dürfen (§ 106 a. a. O.); b) daß die Gewerbetreibenden verpflichtet 
sind, bei solchen Arbeitern, hinsichtlich der Einrichtung der Betriebsstätte und der Regelung des 
Betriebes, die durch das Alter gebotene Rücksicht auf Gesundheit und Sittlichkeit zu nehmen 
(§ 120c); c) daß die Gewerbetreibenden solchen Arbeitern die Zeit zum Besuche einer Fort- 
bildungsschule gewähren müssen und daß durch statutarische Bestimmung einer Gemeinde oder 
eines weiteren Kommunalverbandes für männliche Arbeiter unter 18 Jahren die Verpflichtung 
zum Besuche einer Fortbildungschule, soweit diese Verpflichtung nicht landesgesetzlich besteht, 
begründet werden kann (§ 120). 
3. Vorschriften für Fabrikarbeiter unter 16 Jahren. In Fabrikbetrieben 
dürfen Kinder unter 12 Jahren gar nicht, Kinder von 12—14 Jahren höchstens 6, jugend- 
liche Arbeiter von 14—16 Jahren höchstens 10 Stunden täglich beschäftigt werden; außerdem 
sind Vorschriften gegeben hinsichtlich der Tageszeit der Beschäftigung, der zu gewährenden 
Ruhepausen, oder Gewährung der nothwendigen Zeit für den Besuch des Konfirmandenunter- 
richtes u. s. w. (§8 134 ff.). 
D. Vorschriften in Bezug auf Lehrlinger). Der Lehrherr ist bei Meidung von 
Strafe verpflichtet, entweder selbst oder durch einen geeigneten, ausdrücklich dazu bestimmten 
Stellvertreter die Ausbildung des Lehrlings zu leiten, seine moralische Führung zu beauf- 
sichtigen und ihn zu keiner Dienstleistung zu verwenden, durch die ihm die Zeit und Gelegen- 
heit zu seiner Ausbildung und zum Besuche des Gottesdienstes an Sonn= und Feiertagen 
entzogen würden. Andererseits ist der Lehrling zum Gehorsam gegen den Lehrherrn und 
dessen Stellvertreter verpflichtet und in dieser Beziehung der väterlichen Zucht des Lehrherrn 
unterworfen. Hat der Lehrling unberechtigter Weise, ohne Zustimmung des Lehrherrn, die 
Lehre verlassen, so kann, wenn der Lehrvertrag schriftlich abgefaßt ist, der Lehrling auf An- 
trag des Lehrherrn durch polizeiliche Zwangsmittel angehalten werden, so lange in der Lehre 
  
den neun alten Provinzen steht nach der Kab.O. v. 7/2. 1837, bezw. L. V. G. 8§§ 136 ff. der Erlaß von 
Verordnungen, betr. die Heilighaltung der Sonn= und Festtage den Oberpräsidenten, bezw. Regierungs- 
präsidenten zu. — Vgl. auch Erll. d. Handelsministers v. 16/11. 1891 (M. Bl. d. i. V. 1892, S. 73), 
v. 2)4. 1892 (R.A. v. 19/4. 1892, Beil. 2) und 10/6. 1892 (Min. Bl. d. i. V., S. 198). 
1) Vgl. Zeller, Art. Arbeiter in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, 1, S. 60, Art. 
Fabrikgesetzgebung, ebendaselbst, I, S. 373 ff. 
2) Zeller, Art. Lehrlinge in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, II, S. 44 ff.
	        
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