520 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. III. Kapitel. 8 124
ordnung der Rekurs an eine Behörde zulässig ist, an Stelle desselben innerhalb zwei Wochen
die Klage bei dem Bezirksausschusse und gegen dessen Endurtheil die Revision statt (Z.G.
§ 137, 138).
C. Die Handelskammern und kaufmännischen Korporationen!). Die Rechts-
verhältnisse der Handelskammern sind gegenwärtig geregelt durch das G. v. 24/2. 1870 (G.S.
S. 134, eingeführt in Lauenburg durch G. v. 25/2. 1878 — G.S. S. 97 — § 8 Nr. 3),
das alle bisherigen Gesetze und Verordnungen über diesen Gegenstand aufgehoben hat 2). Nach
§ 1 dies. G. haben die Handelskammern die Bestimmung, die Gesammtinteressen der Handels-
und Gewerbetreibenden wahrzunehmen, insbesondere die Behörden in der Förderung des
Handels und der Gewerbe durch thatsächliche Mittheilungen, Anträge und Erstattung von
Gutachten zu unterstützen 3).
Die Errichtung einer Handelskammer unterliegt der Genehmigung des Handelsministers):
bei Ertheilung der Genehmigung wird zugleich über die Zahl der Mitglieder und wenn die Er-
richtung für einen über mehrere Orte sich erstreckenden Bezirk erfolgt, über den Sitz der Han-
delskammer Bestimmungen getroffen (§ 2).
Die Wahl der Mitglieder der Handelskammer erfolgt durch die in das Handelsregister
eingetragenen Kaufleute und Gesellschaften des Bezirkes (einschließlich der größeren Bergwerks-
besitzer des Bezirks, mit Ausnahme des Fiskus). Im Konkurs befindliche Personen sind weder
wahlberechtigt, noch wählbar. Vor jeder Wahl, die auch mit Genehmigung des Handelsmi-
nisters in Bezirken erfolgen kann, wird die Liste der Wahlberechtigten, wenn es sich um eine
neu zu errichtende Handelskammer handelt, durch den Regierungspräsidenten, außerdem durch
die Handelskammer aufgestellt; Regierungspräsident, bezw. Handelskammer haben auch über
die binnen zehn Tagen nach der Auslegung zulässigen Einwendungen gegen die Liste zu ent-
scheiden. Gegen deren Beschluß findet innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Bezirksausschusse
und gegen dessen Entscheidung die Revision statt. Die Wahl selbst erfolgt unter Vorsitz eines
von der Handelskammer, bezw. dem Regierungspräsidenten zu bestellenden Kommissärs in ge-
heimer Abstimmung mit absoluter Mehrheit. Wählbar ist nur, wer das 25. Lebensjahr voll-
endet und im Bezirke der Handelskammer seinen Wohnsitz hat und im Handelsregister als
Firmeninhaber oder Gesellschafter eingetragen ist. Das Wahlergebniß wird öffentlich bekannt
gemacht. Einsprüche sind binnen zehn Tagen bei der Handelskammer anzubringen, die entweder
hierauf oder von Amtswegen die Legitimation ihrer Mitglieder prüft und darüber beschließt.
Gegen den Beschluß der Handelskammer findet Klage beim Bezirksausschusse statt und gegen
dessen Entscheidung ist das Rechtsmittel der Revision zulässig (§86 3— 15 G. v. 25/2. 1870
und Z.G. 88§ 135, 138).
1) Rönne ga. a. O., S. 548. — Bornhak a. a. O., S. 402 ff. — Stegemann, das Ge-
setz über die Handelskammern vom 24/2. 1870 (1892). — Landgraf, Art. Handels= und Ge-
werbekammern in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, I, S. 677 ff.
2) Die Einrichtung der Handelskammern war in der Rheinprovinz aus französischer Zeit (Konsul-
Beschluß v. 3. niv. X.) bestehen geblieben. Durch V. v. 11/2. 1848 (G. S. S. 63) wurde das Institut
im ganzen Umfange der Monarchie eingeführt. Auch in einzelnen Theilen der neuen Provinzen be-
standen Handelskammern.
3) Bezüglich der Funktionen der Handelskammern hinsichtlich der Börsen= und Handelsmäkler
(§§ 33, 34 G. v. 24/2. 1820) vergl. oben sub C.
4) Was die „Auflösung“ einer Handelskammer anlangt, so kann der Handelsminister derselben
jedenfalls die Rechte wieder entziehen, die sie lediglich in Folge der Genehmigung nach Maßgabe des
G. v. 24/2. 1870 auszuüben befugt ist, soferne sie den Vorschriften des Gesetzes nicht nachkommt. Da-
durch verliert dann die betreffende kaufmännische Korporation ihre Stellung als Handelskammer, während
sie als Korporation fortbestehen kann. Eine freiwillige Auflösung einer Handelskammer ist als zulässig
zu erachten, da auch die Initiative zur Bildung von Handelskammern von den Kaufleuten und Ge-
werbetreibenden ausgehen muß und kein Zwang zur Bildung besteht. Vgol. Stegemann, S. 23 u. 25.