524 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. III. Kapitel. § 125.
regierungen errichteten, unter Aufsicht des Reiches stehenden Seeämter festgestellt, welche auch
berechtigt sind, vorbehaltlich der Beschwerde an das Oberseeamt in Berlin den für schuldig be-
fundenen Schiffern, Steuerleuten und Maschinisten die Befugniß zur Ausübung ihres Gewerbes
zu entziehen.
8. Die Rechtsverhältnisse der Schiffsmannschaft auf Seeschiffen sind
in privatrechtlicher, wie öffentlich-rechtlicher Hinsicht durch die Seemanns-O. v. 27/12. 1872
(R.G.Bl. S. 409 ff.) geregelt, die auf alle Kauffahrteischiffe Anwendung findet, welche das
Recht, die Reichsflagge zu führen, ausüben dürfen. Die Behörden, durch welche der Staat
seine Fürsorge für die Seeleute bethätigt und die Aufsicht über dieselben ausübt, sind die See-
mannsämter und zwar sind dies innerhalb des Reichsgebietes die Musterungsbehörden der
Bundesstaaten und im Auslande die Konsulate des deutschen Reiches. Die Errichtung der
Musterungsbehörden innerhalb des Reichsgebietes steht den Landesregierungen nach Maßgabe
der Landesgesetze zu (preuß. G. v. 26/3. 1864 — G. S. S. 693 — §9 12); die Geschäfts-
führung derselben unterliegt jedoch der Oberaufsicht des Reiches.
9. Wie bereits in § 122 angeführt, bedürfen Seeschiffer, Seesteuerleute, Ma-
schinisten und Lootsen eines vom Regierungspräsidenten auszustellenden Befähigungs-
nachweises. Die Vorbildung erwerben dieselben auf Navigationsschulen und Navigationsvor-
schulen (Regulativ v. 24/7. 1881, M. Bl. d. i. V. S. 211) ).
II. Die Binnenschiffahrt. Nach Art. 4 Z. 9 R.V. unterliegen der Gesetzgebung
und Beaufsichtigung des Reiches der Flößerei= und Schiffahrtsbetrieb auf den mehreren Staaten
gemeinsamen Wasserstraßen und der Zustand der letzteren, sowie die Fluß= und sonstigen
Wasserzölle, und in Art. 54 Abs. 3—5 R.V. ist bestimmt, daß auf allen natürlichen und
künstlichen Wasserstraßen der einzelnen Bundesstaaten die Kauffahrteischiffe sämmtlicher Bundes-
staaten gleichmäßig zugelassen und behandelt werden müssen, und daß auf allen natürlichen
Wasserstraßen Abgaben nur für die Benützung besonderer Anstalten, die zur Erleichterung des
Verkehres bestimmt sind, erhoben werden dürfen und diese Abgaben, sowie die Abgaben für die
Befahrung solcher künstlicher Wasserstraßen, welche Staatseigenthum sind, die zur Unterhaltung
und gewöhnlichen Herstellung der Anlagen und Anstalten erforderlichen Kosten nicht übersteigen
dürfen. In Folge dieser Bestimmungen sind auf den natürlichen und künstlichen Wasserstraßen
Deutschlands alle Schiffe gleichmäßig zugelassen. Bezüglich der außerdeutschen Schiffe
bestimmt zunächst Art. 54 Abs. 5 R.V., daß auf fremde Schiffe oder deren Ladungen andere
oder höhere Abgaben zu legen, als von den Schiffen der Bundesstaaten oder deren Ladungen
zu entrichten sind, nur dem Reiche zusteht. Im Uebrigen kommen in dieser Beziehung die
Staatsverträge in Betracht, welche sich auf die sogen. internationalen oder konventionellen
Ströme beziehen: 1. die Rheinschiffahrtsakte v. 17/10.1868 (G. S. S. 1889 S. 798) nebst dem
hauptsächlich die Berechtigung zur Ausübung der Rheinschiffahrt (Schifferpatente) betreffenden
G. v. 17/3. 1870 (G. S. S. 187). 2. Die Elbschiffahrtsakte v. 23/6. 1821 (G.S. 1822
S. 10) mit der Additionalakte v. 13/4. 1844 (G. S. S. 458). Die Elbzölle sind durch R.G.
v. 11/6. 1870 (R.G.Bl. 415) aufgehoben. 3. Die Weserschiffahrtsakte v. 22/11.1823 (G.S.
1824 S. 25) nebst ergänzenden Bestimmungen v. 24/2. 1826 (G. S. S. 25, 29) und 22/10.
1839 (G.S. 1840 S. 39), sowie die Additionalakte v. 3/9. 1857 (G. S. 1858 S. 453) und
den Ergänzungen und Abänderungen v. 19/8. 1862 (G. S. S. 396). Die Weserzölle sind
zufolge Staatsvertrages v. 14/12. 1865 (G. S. 1866, S. 197) suspendirt. Bezüglich der
Berechtigung Bremens, eventuell Zölle zu erheben, vgl. das R.G. v. 5/4. 1886 (R.G. Bl. 67).
Das R.G. v. 1/6. 1870 (R.G. Bl. S. 312) über die Abgaben für die Flößerei hat
ferner vorgeschrieben, daß auf den nur floßbaren Strecken derjenigen natürlichen Wasserstraßen,
1) Sachse, Art. Navigationsschulen in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, II,
S. 161 fl.