8127. Die Grundsätze des geltenden Schulrechtes. 529
und die zur Festsetzung zuständige Behörde — meist die Ortspolizeibehörde — bestimmt, da-
gegen legt der § 48 T. 12 Thl. II A.L. R., bezw. die Kab.O. v. 14/5. 1825 lediglich den
Schulaufsehern die Pflicht auf, unter Beistand der Obrigkeit die säumigen Eltern durch Zwangs-
mittel und Bestrafung zu ihrer Verpflichtung anzuhalten. Auf Grund des § 11 der Reg. Instr.
v. 23/10. 1817, bezw. der V. v. 26/12. 1808 und des G. v. 11/3. 1850 haben daher die
Schulaufsichtsbehörden entsprechende Polizeistrafverordnungen zu erlassen #.
Gegenwärtig ist auf Grund des § 137 L.V.G. der Regierungspräsident zuständig. Da-
mit dies auch im Geltungsgebiete der verschiedene unzweckmäßige Bestimmungen enthaltenden
ost- u. westpreuß. Schul-O. v. 11/12. 1845 (§ 8) und des kathol. Schulreglements f. Schlesien
v. 18/5. 1801 (§ 39 lit. a) geschehen könne, ist daselbst durch G. v. 6/5. 1886 (G. S. S. 144)
der § 48 T. 12 Thl. II A.L. R. eingeführt worden. Die Schulversäumnißstrafgelder fließen
in die Schulkasse und sind zur Anschaffung von Lehr= und Lernmitteln für bedürftige Schul-
kinder zu verwenden (Generallandschulregl. v. 1763 § 10).
II. Die Schullast, d. h. die Verpflichtung zur Errichtung und Unterhaltung der zur
Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht dienenden Anstalten und Einrichtungen obliegt ent-
weder den politischen Gemeinden oder besonderen Schulsocietäten.
Die Schulsocietäten sind besondere nur für Schulzwecke, nämlich die Tragung der
Schullast gebildete Verbände mit Korporationsrechten. Ihre Einrichtung liegt nach § 18
Reg. Instr. v. 23/10. 1817 den Regierungen ob. Die Schulsocietäten umfassen nach A.L.R.
II, 12 § 29 ff. die Hausväter, d. h. die wirthschaftlich selbstständigen Personen jedes Ortes
ohne Unterschied, ob sie Kinder haben, und ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses, auch
Ausländer, sofern diese Personen im Schulbezirke einen Wohnsitz im Sinne des bürgerlichen
Rechtes haben, jedoch mit Ausschluß der Gutsherren. Bestehen an einem Orte für die Ein-
wohner verschiedener Glaubensbekenntnisse mehrere Schulen, so ist jeder Einwohner nur zur
Unterhaltung des Schullehrers seiner Religionspartei beizutragen verpflichtet. Das System
der Schulsocietäten besteht in den landrechtlichen Gebieten, mit Ausnahme von Ost= und
Westpreußen, in Hannover und in Schleswig-Holstein?). Nach einer feststehenden Praxis
kann die politische Gemeinde mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde die Schullast selbst über-
nehmen und hierdurch die besondere Schulsocietät beseitigen (Cirk. Reskr. v. 30/12. 1865,
M. Bl. f. d. i. V. 1866 S. 39, E. d. O. V.G. Bd. 3 S. 125).
In den übrigen Landestheilen ist Träger der Schullast die politische Gemeinde.
Dies ist der Fall namentlich in Ost= und Westpreußen nach der Schulordnung v. 1845, in
der Rheinprovinz nach der G.O. v. 1845, in Hessen, Nassau und in Hohenzollern.
Wo die Schullast den Gemeinden obliegt, werden die Schulangelegenheiten von den ge-
meindlichen Organen besorgt; in den Städten werden jedoch herkömmlich besondere Schul-
deputationen zur Besorgung der äußeren Verhältnisse der Schulen nach Maßgabe der Städte-
ordnungen gebildet. Für ihre Organisation und ihrer Funktion ist in den östlichen Provinzen
und in Westfalen ein Reskr. v. 26/6. 1811 maßgebend (s. sub IV).
1) Bornhak a. a. O., III, S. 676 bestreitet die Zulässigkeit von Polizeiverordnungen zu diesem
Zwecke, soweit nicht für einen Landestheil eine spezielle gesetzliche Ermächtigung vorliege, da zu einer poli-
zeilichen Regelung des Schulbesuchs weder der § 48, II, 12 A.L.R. noch die allgemeinen Klauseln des
Polizeirechts ermächtigten. Dieser Auffassung widerspricht aber nicht bloß der Wortlaut des § 48,
Tit. 12, Th. II A.L. R., sondern auch die Ueberschrift und Fassung des Gesetzes, betr. die Bestrafung
der Schulversäumnisse im Gebiete der Schulordnung für die Elementarschulen der Provinz Preußen
u. s. w. v. 6/5. 1886.
2) Zu den Societätsschulen sind auch die jüdischen Schulen zu rechnen, welche nach dem G.
v. 23/7. 1847 von den jüdischen Einwohnern des von der Schulaussichtsbehörde zu diesem Zwecke zu
bildenden Schulbezirks allein zu unterhalten sind. Die jüdischen Einwohner werden dadurch von der
Theilnahme an den Schullasten der Ortsschulen befreit. Die Vertheilung der Beiträge erfolgt nach
dem Statut der Synagogengemeinde.
Handbuch des Oeffentlichen Rechts II, Zweite Auflage: Preußen. 34