536 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. § 129.
rufszweige gewähren; 2. solche, welche bereits die für einen bestimmten Beruf erforderlichen
Kenntnisse vermitteln, ohne die eigentliche höhere wissenschaftliche Ausbildung wie die Hoch-
schulen anzustreben, die sog. Fachschulen (Bergschulen, Forstschulen, Baugewerkschulen u. s. w.).
Diese Fachschulen kommen hier nicht weiter in Betracht 1), sondern nur die Schulen der ersten
Klasse, die selbst wieder in zwei Unterklassen zerfällt: a) die humanistischen Gymnasien mit den
dazu gehörigen Vorschulen; b) die Realschulen im weitesten Sinne des Wortes.
Nach der Cirkularanweisung des preußischen Kultusministers v. 31/3. 1882, bezw. den
Lehrplänen und Prüfungsordnungen v. 6/1. 1892 bestehen in Preußen folgende Kategorien
von höheren Lehranstalten allgemeinen Charakters: 1. Gymnasien, 2. Progymnasien (bis Se-
kunda einschließlich), 3. Realgymnasien (früher Realschulen erster Ordnung), 4. Prorealgym-
nasien (bis Sekunda einschließlich, früher höhere Bürgerschulen), 5. Oberrealschulen (früher
höhere Gewerbeschulen), 6. Realschulen (die früheren höheren Gewerbeschulen mit Ausschluß
der beiden Primen).
II. Das Recht der höheren Lehranstalten erhält seinen Charakter dadurch, daß in Bezug
auf deren Besuch kein Schulzwang besteht. In Folge dessen besteht auch keine gesetzliche Ver-
pflichtung für Gemeinden oder sonstige Kommunalverbände höhere Schulen zu errichten oder
zu unterhalten; es können daher auch besondere Schulabgaben für höhere Schulen nicht er-
hoben werden.
Die höheren Schulen werden unterhalten entweder vom Staate oder von Gemeinden
oder sonstigen öffentlichen Korporationen: mitunter wirken mehrere Faktoren zusammen. Zur
Errichtung jeder höheren Schule ist die Genehmigung des Unterrichtsministers erforderlich, die
nach dem Reskripte v. 25/3. 1871 (M. Bl. d. i. V. S. 199) einer Gemeinde erst dann ertheilt
wird, wenn nachgewiesen ist, daß für das Elementarschulwesen ausreichend gesorgt ist und daß
dasselbe durch die für eine höhere Schule nöthigen Aufwendungen nicht beeinträchtigt wird.
Außerdem wird die Nachweisung einer entsprechenden Dotation und die Vorlegung eines Statuts
zur Regelung der rechtlichen Verhältnisse erfordert.
III. Der Unterhalt der höheren Schulen erfolgt in erster Linie durch die Erträgnisse
des etwa vorhandenen Stiftungsvermögens, durch die Leistungen der auf Grund spezieller
Rechtstitel verpflichteten Personen, dann durch die Erträgnisse des Schulgeldes und endlich
durch Zuschüsse des Staates, bezw. der Gemeinde oder des Kommunalverbandes, die die Schule
errichtet hat und deshalb auch unterhalten muß.
Das Schulgeld, das für den Besuch höherer Lehranstalten erhoben wird, hat nicht den
Charakter einer öffentlich-rechtlichen Gebühr, sondern ist lediglich eine privatrechtliche Gegen-
leistung für den nicht auf der allgemeinen Schulpflicht beruhenden Unterricht. Trotzdem unter-
liegt auch das Schulgeld für höhere Unterrichtsanstalten der Verwaltungsexekution nach Maß-
gabe der Kab.O. v. 19/6. 1836, während Streitigkeiten über das Schulgeld auf Grund des
G. 24/5. 1861 über die Erweiterung des Rechtsweges vor dem ordentlichen Richter auszu-
tragen sind?).
IV. Die Anstellung der Lehrer erfolgt bei staatlichen Lehranstalten durch den Staat;
im Uebrigen bedarf jede Anstellung der staatlichen Bestätigung. Die Ernennung oder Bestätig—
1) Auf eine Darstellung der Verhältnisse der verschiedenen Fachschulen muß an diesem Orte ver—
zichtet werden und kann um so mehr verzichtet werden, als dieselben wenig staatsrechtliches Interesse
bieten und ein Theil derselben (Bergschulen, Forstschulen u. s. w.) an anderer Stelle Berücksichtigung
gefunden haben. Vgl. im Uebrigen die Artikel: Baugewerkschulen (Leuthold), Bergschulen
(Kratz), Fachschulen (Sachse), forstlicher Unterricht (Schwappach), gewerbliches Unter-
richtswesen (Sachse), Handelsschulen (Sachse), Kunstschulen (Nadbyl), landwirthschaft-
liches Unterrichtswesen (Paasche), Navigationsschulen (Sachse) in Stengel's Wörterbuch des
Verw.-Rechts, Bd. I, S. 124 f., 188, 374, 446 f., 599 ff., 633 f., 888 ff., Bd. II, 161 f.
2) Der Betrag des Schulgeldes für die höheren Schulen ist durch M. E. v. 22/3. 1892 (C Bl.
d. Unterr.-Verw. 1892, S. 506) festgestellt worden.