Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

– 137. Die evangelische Kirche. 555 
Kirchenregimentes zustehenden Befugnisse“ die Kirchengemeinde= und Synodalordnung für die 
Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen verkündigt hatte, 
erging das G. v. 25/5.1874, betreffend die evangelische Kirchengemeinde= und Synodalordnung 
für die sechs östlichen Provinzen (G. S. S. 147 ff.) (vgl. die Nov. v. 7/4.1891, G. S. S. 43), 
dessen Art. 1 bestimmte, daß die Vertretung der evangelischen Kirchengemeinden, sowie die Ver- 
waltung des Kirchenvermögens nach Maßgabe der Bestimmungen der Art. 2 ff. auf die im § 1 
der Kirchengemeinde= und Synodal-O. v. 10/9. 1873 bestimmten Organe, nämlich die Ge- 
meindekirchenräthe und die Gemeindevertretungen übergehe, indessen Art. 7 die staatsgesetz- 
liche Regelung wegen der den Kreis= und Provinzialsynoden und deren Vorständen in der ge- 
dachten Kirchengemeinde= und Synodalordnung zugewiesenen Rechte noch vorbehielt. Den Ab- 
schluß der Kirchenverfassung brachte der A.E. v. 20/1. 1876 (G.S. S. 7 ff.), betreffend die 
Einführung einer Generalsynodalordnung für die acht älteren Provinzen der Monarchie der 
die als Anlage beigefügte Generalsynodalordnung für die evangelische Landeskirche der acht 
älteren Provinzen der Monarchie als kirchliche Ordnung verkündigte. Dazu erging das G. v. 
3/6. 1876, betreffend die evangelische Kirchenverfassung in den acht älteren Provinzen der 
Monarchie (G. S. S. 125 ff.). Dieses Gesetz, zu welchem am 19/5.1891 (G.S. S. 63), 
30/8. 1892 (G. S. S. 273) und 3/7. 1893 (G.S. S. 191) Novellen ergingen, bestimmte, 
daß die in der Kirchengem.= und Synodal-O. v. 10/9. 1873, bezw. der Kirchen-O. v. 5/3. 
1835 und in der Generalsynodal-O. v. 20/1. 1876 vorgesehenen Synodalorgane (Gemeinde- 
kirchenräthe und Gemeindevertretung, Kreissynode, Provinzialsynode und Generalsynode), die 
ihnen durch diese Synodalordnungen zugewiesenen Rechte nach Maßgabe des G. v. 3/6. 1876 
ausüben. 
II. Die wichtigsten kirchenstaatsrechtlichen Grundsätze der neuen Kirchenverfassung sind 
folgende: 1. Das landesherrliche Kirchenregiment ist ausdrücklich anerkannt; der König handelt 
aber auf diesem Gebiete nicht als Oberhaupt des Staates, sondern „als Träger bestimmter, 
auf die Leitung der Gesammtgemeinde bezüglicher Befugnisse“. Daher wird auch das Kirchen- 
regiment des Königs äußerlich möglichst von seinen übrigen Befugnissen geschieden, es geschieht 
dies namentlich auch dadurch, daß seine kirchenregimentlichen Akte nicht von einem Minister, son- 
dern von dem Präsidenten des Oberkirchenrathes gegengezeichnet werden. 2. Die kirchliche Ge- 
setzgebung ist gesondert von der staatlichen. Kirchengesetze bedürfen der Zustimmung der General-= 
synode und werden vom König als Träger des Kirchenregimentes erlassen, unter Gegenzeichnung 
des Präsidenten des Oberkirchenrathes. Nach Art. 13 G. v. 3/6. 1876 sind kirchliche Gesetze und 
Verordnungen, sie mögen für die Landeskirche oder für einzelne Provinzen oder Bezirke erlassen 
werden, nur soweit rechtsgültig, als sie mit einem Staatsgesetze nicht im Widerspruche stehen. 
Bevor ein von der Generalsynode oder von einer Provinzialsynode beschlossenes Gesetz dem 
König zur Sanktion vorgelegt wird, ist durch eine Erklärung des Staatsministeriums festzu- 
stellen, daß gegen das Gesetz von Staatswegen nichts zu erinnern ist; die Feststellung ist in 
der Verkündigungsformel zu erwähnen. 3. Den verschiedenen Synodalorganen ist innerhalb 
gewisser gesetzlicher Schranken und vorbehaltlich der Mitwirkung der staatlichen Aufsichtsbe- 
hörden ein Besteuerungsrecht zu kirchlichen Zwecken beigelegt. 4. Während nach dem allgem. 
Landrecht nur die örtlich organisirte Kirchengesellschaft (Kirchengemeinde) Vermögensfähigkeit 
besaß, wurde durch Art. 19 G. v. 3/6. 1876 auch der evangelischen Landeskirche vermögens- 
rechtliche Persönlichkeit beigelegt. 5. In Folge der der evangelischen Kirche eingeräumten 
Selbstständigkeit wurde die bisher bestandene Trennung der äußeren und inneren kirchlichen 
Angelegenheiten in Betreff der verwaltenden Organe beseitigt und daher die Zuständigkeit der 
kirchenregimentlichen Behörden grundsätzlich auf die sog. Externa erweitert. Demgemäß hat 
das G. v. 3/6. 1876 in Art. 21 Abs. 1 vorgeschrieben, daß die Verwaltung der evangelischen 
Landeskirche, soweit solche bisher von dem Minister der geistlichen Angelegenheiten und den Re- 
gierungen geübt worden, auf den evangelischen Oberkirchenrath und die Konsistorien als Organe
	        
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