Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

817. Die Familiengewalt des Königs und das königliche Haus. 49 
betreffen, werden noch den Hausverfassungen und Verträgen bestimmt.“ Nach diesen als Ver— 
fassungsrecht zu betrachtenden und daher im ganzen Staatsgebiete gültigen Bestimmungen ge— 
nießt das königliche Haus eine privatrechtliche Autonomie hinsichtlich des Personen- und Fa— 
milienrechts und nimmt demgemäß eine Sonderstellung ein, welche auch durch die späteren 
Landes= und Reichsgesetze aufrecht erhalten wurde. Diese Sonderstellung äußert sich nament.- 
lich darin, a) daß die Eheschließung der Mitglieder des königlichen Hauses an besondere 
Voraussetzungen geknüpft ist (Vgl. S 15). 
b) Daß die Großjährigkeit für das Familienhaupt nach Art. 54 V.U. mit dem 
vollendeten 18. Lebensjahre eintritt. Derselbe Großjährigkeitstermin ist aber auch für die 
übrigen Mitglieder des königlichen Hauses, sowohl in staatsrechtlicher wie privatrechtlicher 
Hinsicht maßgebend 1) (Vgl. auch R.G. v. 17/2. 1875 betr. das Alter der Großjährigkeit § 3 
und preußische Vormundschaftsordnung v. 5/7. 1875 § 100). 
I) Hinsichtlich der Form der Eheschließung schreibt § 72 des Reichscivilstandsgesetzes 
v. 6/2. 1875, welches in Betreff der Erfordernisse der Eheschließung, der Gerichtsbarkeit in 
Ehesachen, der Stellvertretung der Verlobten und des Aufgebots Hausgesetze und Observanz 
maßgebend sein läßt, zwar auch die Erklärung vor dem Standesbeamten vor, überläßt aber die 
Ernennung des Standesbeamten und die Bestimmung über die Art der Führung der Standes- 
register der Anordnung des Landesherrn. Die Funktionen des Standesbeamten für das könig- 
liche Haus sind dem Hausministerium übertragen. (Schulze a. a. O. I S. 182.) 
Vermögensrechtliche Ansprüche an den Staat haben die einzelnen Mitglieder des 
königlichen Hauses als solche nicht. Nur der König hat die ihm zustehende Kronrentc zu be- 
anspruchen und aus dieser die Bedürfnisse der Mitglieder der königlichen Familie zu befriedigen. 
Einen klagbaren Rechtsanspruch gegen den König haben übrigens die einzelnen Mitglieder des 
königlichen Hauses in dieser Beziehung nicht). 
2. Aus der Zugehörigkeit zum königl. Hause folgt ferner die besondere Titulatur seiner 
Mitglieder. Der Thronfolgeberechtigte führt, falls er Sohn des Königs ist, den Titel „Kron- 
prinz“, außerdem den Titel „Prinz von Preußen“. Ebenso führen die übrigen vom ersten Er- 
werber der Königskrone abstammenden Mitglieder des königl. Hauses, bezw. deren ebenbürtige 
Gemahlinnen den Titel von Prinzen und Prinzessinnen mit dem Prädikate „Königliche Hoheit“. 
Nach Annahme der Kaiserwürde ist durch A.E. v. 18/1. 1871 (M. Bl. d. i. V. S. 2) 
der Gemahlin des Kaisers und Königs zugleich der Titel einer „deutschen Kaiserin“, dem 
Kronprinzen und der Kronprinzessin der Titel eines „Kronprinzen und einer Kronprinzessin des 
deutschen Reichs“ mit dem Prädikate „Kaiserliche Hoheit“ beigelegt worden. Die Titulaturen 
der übrigen Mitglieder des königlichen Hauses sind dagegen unverändert geblieben. 
3. Auf vereinzelten, besonderen gesetzlichen Vorschriften beruhen folgende Vorrechte: 
a) Die Mitglieder des königlichen Hauses sind von allen Staatsstenern und Ab- 
gaben mit Ausnahme der Grundsteuer frei ). (A.E. v. 14/8. 1852, G. S. S. 771, G. v. 
  
1) Bornhak a. a. O. S. 351. — Schulze, Preuß. Staatsrecht, 2. Aufl., I, S. 414. 
2) Bornhak a. a. O. S. 352. — Schulze a. a. O. S. 415 f. 
3) Bezüglich der Kommunallasten vergl. 88 74 ff. Insoweit die Kommunalsteuern ledig- 
lich als Zuschläge zu den Staatssteuern erhoben werden, können sie die Mitglieder des landes- 
herrlichen Hauses deshalb nicht treffen, weil dieselben von den Staatssteuern befreit sind; zu den in 
Stadtgemeinden zur Erhebung gelangenden Einkommensteuern werden aber die Mitglieder des königl. 
Hauses und des fürstl. Hauses Hohenzollern nicht herangezogen, weil sie nicht als Mitglieder der 
Stadtgemeinden ihres Wohnsitzes betrachtet werden. M. R. v. 30/5. 1850. Strutz, die Kommunalver= 
bände in Preußen, S. 57. Steffenhagen, Handbuch der städtischen Verfassung u. s. w., I, S. 183). 
Außerdem sind noch befreit von den Gemeindeabgaben und den Kreisabgaben die Grundstücke der Mit- 
glieder des königl. Hauses und des fürstl. Hauses Hohenzollern. (Steffenhagen a. a. O. I, S. 181, 
Kr. O. 8 17.) 
Handbuch des Oeffentlichen Rechts II, Zweite Auflage: Preußen. 4
	        
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