Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

56 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. II. Kapitel. 8 19. 
III. Gemäß Art. 1 R.V. gehört das preußische Staatsgebiet zum Reichsgebiete; das 
Reichsgebiet kann aber nur in der Form des Verfassungsgesetzes verändert werden. Zu jeder 
Veränderung des preußischen Staatsgebiets, die gleichzeitig eine Veränderung des Bundesge- 
biets ist, ist daher neben einem preußischen Gesetze auch noch ein Reichsverfassungsgesetz noth- 
wendig. Eine Ausnahme besteht nur bei Abtretungen in Folge von Friedensschlüssen; da nach 
Art. 11 R.V. das Reich allein zuständig ist zur Entscheidung über Krieg und Frieden, muß 
es auch allein befugt sein zur Festsetzung der Bedingungen des Friedensschlusses #). 
IV. Die Grenze des Staatsgebiets ist diejenige Linie, welche es vom Gebiete anderer 
Staaten oder von herrenlosem Gebiete scheidet. Auf dem festen Lande wird die Grenze durch 
Grenzsteine, Grenzpfähle, Hoheitszeichen u. s. w. bezeichnet, die nach R. Str. G. B. § 135 unter 
strafrichterlichem Schutze stehen. Eine solche Grenzabsteckung findet auch am Ufer der sog. kon- 
ventionellen Grenzflüsse statt, bezüglich welcher das Grenzprincip des Thalwegs (chemin d’aval) 
gilt. Dagegen bedarf es einer solchen Grenzfestsetzung gegen die hohe See nicht. Hier kommt 
das Princip des der staatlichen Hoheit unterworfenen Küstengewässers zur Geltung, wenn es 
auch nicht ganz zweifellos ist, wie weit sich das Küstengewässer erstreckt. (Vgl. Art. 2 der 
internationalen Fischerkonvention v. 6/5. 1882.) 
Nach preußischem Rechte (Fischereigesetz v. 30/5. 1874 G. S. S. 197) wird als Küsten- 
fischerei diejenige Fischerei betrachtet, die in den „Unserer Hoheit unterworfenen Theilen der 
Nord= und Ostsee, in den offenen Meeresbuchten, den Haffen und in den größeren Strömen vor 
ihrer Einmündung in das Meer“ betrieben werden .Daraus ergiebt sich, daß die offenen Meeres- 
buchten u. s. w. als Bestandtheile des Staatsgebiets betrachtet werden?). 
Die Verwaltung der Grenzangelegenheiten (Aufsicht auf die Erhaltung der Grenz- 
zeichen u. s. w.) gehört nach der V. v. 30/4. 1815 § 13 Nr. 1 und Regierungsinstruktion vom 
  
landtage durch einen von der Gemeinde zu wählenden Kreistagsabgeordneten theilzunehmen (§ 7). 
H. ist dem Bezirke des Amtsgerichts in Altona zugelegt (8 8). 
Die für Rechnung des Gemeinwesens in H. zur Hebung kommenden Zölle, Steuern, Pachtgefälle, 
Abgaben, Taxen u. s. w. sind bis auf weiteres fernerhin zu den Zwecken, welchen sie bisher gedient 
haben, zu verwenden. Die Verwaltung der bezeichneten Einnahmen und die Verwendung derselben 
erfolgt unter staatlicher Leitung und Aufsicht. Eine Zuständigkeit der Verwaltungsbeschlußbehörden und 
der Verwaltungsgerichtsbehörden tritt hinsichtlich dieser Einnahmen bezw. Vermögensstücke und Aus- 
gaben nicht ein, solange nicht hinsichtlich derselben eine königl. Verordnung vorbehaltene Auseinander- 
setzung zwischen dem Staate und der künftigen Gemeinde H. stattgefunden hat (8 9). 
In der Provinz Schleswig-Holstein geltende, im Gesetze selbst (ogl. § 5 und § 10) nicht be- 
zeichnete Landesgesetze können für H. durch königl. Verordnung in Kraft gesetzt werden. Insoweit die 
Schonung der auf der Insel bestehenden Gesetze und Gewohnheiten es erheischt, können durch königl. 
Verordnung an Stelle einzelner Vorschriften der einzuführenden Gesetze, Uebergangsbestimmungen er- 
lassen werden, deren Geltung sich nicht über den 31/12. 1893 erstreckt (8 11). 
Auf Grund des § 11 des G. v. 18/2. 1891 ist die königl. Verordnung, betr. die Einführung 
preuß. Landesgesetze in H. v. 22/3. 1891 (G. S. S. 39) ergangen, durch welche eine Anzahl von preuß. 
G. v. 1/4. 1891 in H. in Kraft traten. Es sind dies im Wesentlichen drei Gruppen von Gesetzen: 1. Die 
Gesetze, welche die Verhältnisse der Staatsbeamten regeln; 2. die Gesetze, betr. die Zulässigkeit des 
Rechtsweges und die Kompetenzkonflikte, sowie die sämmtlichen Ausführungsgesetze zu den Reichs- 
justizgesetzen; 3. das G. v. 20/3. 1837 über den Waffengebrauch des Militärs, und das G. v. 4/6. 
1851 über den Belagerungszustand. Außerdem wurde auch noch die V. v. 5/7. 1867, betr. die Ein- 
führung des allgemeinen deutschen H.G. B. in die Herzogthümer Holstein und Schleswig in Kraft gesetzt. 
Durch kais. V. v. 14/12. 1892 (R.G. Bl. S. 1052) wurden ferner vom 1/1. 1893 die sämmt- 
lichen Arbeiterversicherungsgesetze in Helgoland in Kraft gesetzt und durch V. v. 20/3. 1893 (G.S. S. 61) 
das G. v. 20/5. 1887, betr. die Abgrenzung und Organisation der Berufsgenossenschaften u. s. w. 
Vgl. auch die kaiserl. V. v. 24/7. 1893 (R.G. Bl. S. 236). Endlich erging noch das G. v. 31/3. 1892, 
betr. den Anschluß der Kirchengemeinde Helgolands an die evangelisch-lutherische Kirche der Provinz 
Schleswig-Holstein (G. S. S. 73). 
1) Vgl. Laband, das Staatsrecht des deutschen Reiches, 2. Aufl., I, S. 182. Dagegen 
Bornhak a. a. O. S. 226. 
2) Bezüglich der Zollgrenze gegen das Meer vgl. § 16 Vereins-Zoll-Ges. v. 1/7. 1869.
	        
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