Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

58 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. II. Kapitel. 8 20. 
Bescheid des Regierungspräsidenten (Polizeipräsidenten) innerhalb zwei Wochen die Klage beim 
Oberverwaltungsgerichte statt. Dasselbe ist der Fall bei Deutschen, welche ihre Staatsange- 
hörigkeit durch zehnjährigen Aufenthalt im Auslande verloren haben und wieder in das Reichs- 
gebiet zurückkehren und denen nach § 21 Abs. 5 R.G. v. 1/6. 1870 in demjenigen Staate, 
in welchem sie sich niedergelassen haben, auf Nachsuchen die Aufnahme ertheilt werden muß. 
Dagegen haben Deutsche, die ihre Staatsangehörigkeit durch zehnjährigen Aufenthalt im Aus- 
lande verloren und keine andere Staatsangehörigkeit erworben haben, einen Anspruch auf Auf- 
nahme ohne Niederlassung im Inlande nicht, wenn ihnen auch nach § 21 Abs. 4 a. a. O. die 
Staatsangehörigkeit in dem früheren Heimathsstaate wieder verliehen werden kann, auch ohne 
daß sie sich dort niederlassen. Gegen den ablehnenden Bescheid ist daher nur Beschwerde an 
den Minister zulässig. 
Die Naturalisation darf nach § 8 a. a. O. Ausländern nur dann ertheilt werden, wenn 
sie a) nach den Gesetzen ihrer bisherigen Heimath dispositionsfähig sind; es sei denn, daß der 
Mangel der Dispositionsfähigkeit durch die Zustimmung des Vaters, Vormunds oder Kurators 
des Aufzunehmenden ergänzt wird; b) einen unbescholtenen Lebenswandel geführt haben; 
c) an dem Orte, wo sie sich niederlassen wollen, eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen 
finden; d) an diesem Orte nach den daselbst bestehenden Verhältnissen sich und ihre Angehörigen 
zu ernähren im Stande sind. Auch wenn diese Bedingungen erfüllt sind, hat der Ausländer 
kein Recht auf Naturalisation. Vor Ertheilung der Naturalisationsurkunde hat die höhere 
Verwaltungsbehörde die Gemeinde, bezw. den Armenverband desjenigen Orts, wo der Aufzu- 
nehmende sich niederlassen will, in Beziehung auf die Erfordernisse sub b, c und d zu hören?). 
Weitere Ausschließungsgründe können landesgesetzlich nicht vorgeschrieben werden 2. 
Sofern nicht in der Bestallung ein entgegenstehender Vorbehalt gemacht ist, vertritt nach 
§9 a. a. O. eine von der Regierung oder von der Central= oder höheren Verwaltungsbehörde 
eines Bundesstaats vollzogene oder bestätigte Bestallung für einen in den unmittelbaren oder 
mittelbaren Staatsdienst oder in den Kirchen-, Schul= oder Kommunaldienst ausgenommenen 
Ausländer oder Angehörigen eines anderen Bundesstaats die Naturalisationsurkunde, bezw. 
Aufnahmsurkunde. Ist die Anstellung eines Ausländers im Reichsdienst erfolgt, so erwirbt 
der Angestellte die Staatsangehörigkeit in demjenigen Bundesstaate, in welchem er seinen dienst- 
lichen Wohnsitz hat. Ausländern, die im Reichsdienste angestellt sind, ein Diensteinkommen aus 
der Reichskasse beziehen, und ihren dienstlichen Wohnsitz im Auslande haben, darf nach dem R.G. 
v. 20/12. 1875 (R.G.Bl. S. 314) die Naturalisationsurkunde von demjenigen Bundesstaate, 
in welchem sie die Verleihung der Staatsangehörigkeit nachsuchen, nicht versagt werden. Da je- 
doch das Z.G. § 155 in diesem Falle den Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet, ist nur Be- 
schwerde zulässig. 
Verloren wird die Staatsangehörigkeit: 1. durch eine den gesetzlichen Bestimmungen 
gemäß erfolgte Legitimation eines unehelichen Kindes, wenn der Vater einem anderen Staate 
angehört als die Mutter; 2. durch Verheirathung einer preußischen Staatsangehörigen 
mit dem Angehörigen eines anderen Bundesstaates oder mit einem Ausländer; 3. durch Ent- 
lassung auf Antrag. Die Entlassung wird durch einc von der höheren Verwaltungsbehörde 
(dem Regierungspräsidenten, bezw. Polizeipräsidenten) ausgefertigte Entlassungsurkunde er- 
theilt, welche mit dem Zeitpunkte der Aushändigung den Verlust der Staatsangehörigkeit be- 
  
1) Bei einem Widerspruche der Gemeindebehörde soll die Naturalisation nicht ertheilt werden, 
wenn die Einwendungen erhebliche sind. (M. R. v. 28/8. 1845, M. Bl. d. i. V. S. 256.) 
2) Bornhak, a. a. O. S. 256. Die herrschende Ansicht ist entgegengesetzt. — Die Entlassung 
aus dem bisherigen Staatsverbande ist keine Voraussetzung der Naturalisation. Mit einzelnen Staaten 
ist jedoch das Abkommen getroffen, daß Angehörigen derselben die Naturalisation erst nach Entlassung 
aus ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit ertheilt werden soll. Vgl. Brauchitsch, die neuen preuß. 
Verwalt.-Ges., 9. Aufl., Bd. IV, S. 447.
	        
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