Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 21la. Die Rechtsunterschiede unter den Staatsangehörigen. 69 
analoge Stellung ein. Zu bemerken ist dabei jedoch vor Allem, daß diese Familien nur insoweit 
diepreußische Staatsangehörigkeit erwarben, als sie ihren Wohnsitz im preußischen Staatsgebiete 
behielten, bezw. nahmen. Dies ist nicht der Fall gewesen beim früheren hannöver'schen Königs- 
hause, eine Seitenlinie des in England regierenden Hauses, dessen Mitglieder daher die preußische 
Staatsangehörigkeit nicht erwarben. Dagegen sind verschiedene Mitglieder des hessischen und 
nassauischen Fürstenhauses nach der Einverleibung der betr. Länder in Preußen durch Beibe- 
haltung ihres Wohnsitzes im preußischen Staatsgebiete preußische Unterthanen geworden. Ferner 
ist zu beachten, daß nach allgemeinem Herkommen die Mitglieder solcher Familien, welche früher 
einen erblichen Thron inne hatten, aber ihrer Herrschaft entsetzt worden sind, in Beziehung 
auf die Ebenbürtigkeit dieselbe Stellung haben, wie die Mitglieder noch regierender Häuser. 
Ueberdies bildet das Haus Hannover nur eine Seitenlinie des englischen Königshauses, die 
landgräflich-hessischen Familien Seitenlinien des großherzogl. hessischen Hauses und das Haus 
Nassaun eine Seitenlinie des niederländischen Königshauses. Das Haus Nassau ist jetzt auch 
wieder in Luxemburg zur Regierung gelangt und dadurch wieder in den Kreis der regierenden 
Familien eingetreten. Ebenso führt nach völkerrechtlichem Herkommen der entthronte Monarch 
und seine Familie seinen bisherigen Rang und Titel fort, dagegen kann allerdings nach dem 
Tode des Monarchen dessen Erbe als bloßer Prätendent den auf das Land bezüglichen Titel 
nicht annehmen; nur solche Titel wie Fürst, Herzog, die auch nicht regierende Personen führen, 
sind zulässig. 
Im Uebrigen sind zur Regelung der vermögensrechtlichen Verhältnisse der depossedirten 
Fürstenhäuser, insbesondere behufs Auseinandersetzung ihres Privateigenthums vom Staats- 
gute, wie auch zum Zwecke der Regelung ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung Verträge abge- 
schlossen worden, und zwar mit dem Kurfürsten von Hessen am 17/9. 1866, mit dem Herzoge 
von Nassau am 18/9. 1866 und mit dem Könige von Hannover am 29/9. 1867 1) und außer- 
dem nach dem Tode des Kurfürsten von Hessen mit dem nunmehrigen Haupte der hessen-kasseler 
Linie, Landgrafen Friedrich von Hessen ein Receß v. 26/3. 1873. In diesen Verträgen ist 
namentlich die fortdauernde Geltung der Hausgesetze der welfischen, hessischen und nassauischen 
Familie ausdrücklich anerkannt worden. Veränderungen der Hausgesetze sind zulässig, ohne 
daß es dazu, wie bei den Mediatisirten, einer Genehmigung des Königs von Preußen bedarf. 
Nach den Hausgesetzen richtet sich insbesondere die Nachfolge in das Hausvermögen der Fa- 
milien. Auch für das Familienrecht der Depossedirten sind die Hausgesetze in erster Linie 
maßgebend. Jedoch ist dabei zu beachten, daß das Personenstandsgesetz v. 6/2. 1875 8 72 
und das R.G. v. 17/2. 1875 .8.2 in Betreff der Stellvertretung der Verlobten, des Aufge- 
bots, der Erfordernisse der Eheschließung und der Gerichtsbarkeit in Ehesachen, bezw. hin- 
  
1) Durch eine auf Grund des Art. 63 V. U. erlassene, nachträglich vom Landtage genehmigt 
(Bek. v. 15/2. 1869, G. S. S. 323) königl. V. v. 2/3. 1868 (G. S. S. 166) wurden sämmtliche nicht 
dem Staate Preußen verbliebene Werthobjekte, die der Vertrag über die Vermögensverhältnisse des 
Königs Georg v. 29/9. 1867 zum Gegenstande hat, nebst den noch in Händen der preußischen Staats- 
regierung befindlichen Aufkünften davon, insbesondere den fälligen, bisher nicht berichtigten, sowie den 
künftig fällig werdenden Zinsen mit Beschlag belegt; ingleichen das hierunter nicht mitbegriffene, inner- 
halb des preußischen Staatsgebietes befindliche Vermögen des Königs Georg und zwar ohne Unter- 
schied, ob über die betreffenden Objekte seit dem 29/9. 1867 bereits Verfügungen des Königs, nament- 
lich Veräußerungen oder Cessionen an Dritte stattgefunden haben oder nicht. Aus den in Beschlag 
genommenen Objekten und deren Revenuen waren die Kosten der Verwaltung, sowie die Maßregeln zur 
Ueberwachung und Abwehr der gegen Preußen gerichteten Unternehmungen des Königs Georg und 
seiner Agenten zu bestreiten. Verbleibende Ueberschüsse waren dem Vermögensbestande zuzuführen. Zu- 
folge G. v. 15/2. 1869 (G.S. S. 322) 8 1 konnte die Wiederaufhebung der Beschlagnahme dritten 
gutgläubigen Erwerbern und Cessionären gegenüber durch königl. Anordnung, im Uebrigen nur durch 
Gesetz erfolgen. Dies ist geschehen durch G. v. 10/4. 1892 (G. S. S. 79), welches in Art. 1 bestimmte, 
daß die durch V. v. 2/3. 1868 über das Vermögen des Königs Georg verhängte Beschlagnahme auf- 
gehoben werde.
	        
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