Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

72 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. II. Kapitel. § 23. 
Rechtsgleichheit und durch die Aufhebung aller ständischen Vorrechte nicht beseitigt worden. 
Vielmehr sagt Art. 50 Abs. 1 V.U.: „Dem Könige steht die Verleihung von Orden und 
anderen mit Vorrechten nicht verbundenen Auszeichnungen zu.“ Abgesehen von dem bereits 
besprochenen Rechte der Verleihung des Adels hat hiernach der König namentlich 1. das 
Recht, Orden zustiften und zu verleihent). Da dieses Recht ein ausschließliches ist, 
so können auch von fremden Souveränen verliehene Ordensauszeichnungen nur mit Geneh- 
migung des Königs getragen werden. Von dem Grundsatze, daß nur Souveräne Orden ver- 
leihen können, besteht eine Ausnahme zu Gunsten des Fürsten von Hohenzollern, dem die Be- 
fugniß eingeräumt ist, den 1841 gestifteten fürstlichen Hausorden von Hohenzollern auch 
weiterhin zu verleihen, aber nur mit der in jedem einzelnen Falle einzuholenden Erlaubniß 
des Königs von Preußen. 2. Das Recht, Würden und Titel zu verleihen. Die Titel 
sind entweder solche, die mit einem Amte verbunden sind, dann findet die Verleihung 
mit dem Amte statt, oder sie werden als bloße Ehrenauszeichnung ohne Amt verliehen. Titel 
und Würden werden vom Könige oder in seinem Namen von den ihm untergeordneten Be- 
hörden verliehen. Die Verleihung von Titeln und Würden erfolgt ausschließlich durch den 
König oder in seinem Namen. Ausgenommen sind a) die Verleihung des Ehrenbürgerrechts 
durch die Gemeinden, b) die Verleihung der akademischen Würden durch die Universitäten, 
welche jedoch hierbei unter der Autorität des Königs handeln. Der Führung akademischer 
Würden, die von nichtpreußischen Universitäten verliehen sind, steht nichts im Wege, dagegen 
können von fremden Souveränen verliehene Titel ebensowenig ohne Genehmigung des Königs 
geführt werden, wie fremde Ordensauszeichnungen. 
E. Rechtlich benachtheiligte Personen 2). Der in Art. 4 V. U. zum Ausdrucke 
gelangte Grundsatz der Rechtsgleichheit und der Aufhebung der Standesvorrechte hat zur Folge 
gehabt, daß es Personen, die im Hinblick auf ihre Geburt, ihren Stand oder Beruf rechtlich 
benachtheiligt sind, nicht mehr giebt. Bezüglich der Erwerbung öffentlicher Aemter hat Abs. 3 
des Art. 4 noch besonders bestimmt, daß die öffentlichen Aemter unter Einhaltung der von 
den Gesetzen festgestellten Bedingungen für alle dazu Befähigten gleich zugänglich sind. 
Ferner ist in Art. 12 V. U. bestimmt, daß der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen 
Rechte unabhängig vom religiösen Bekenntnisse ist. Hierdurch waren vor Allem die Be- 
schränkungen beseitigt, welche das G. v. 23/7. 1847 (G.S. S. 263) über die Verhältnisse 
der Juden hinsichtlich der Zulassung der Juden zu öffentlichen Aemtern u. s. w. aufgerichtet 
hatte. Gegenwärtig kommt in dieser Hinsicht das R.G. vom 3/7. 1869, betreffend die 
Gleichberechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung (B.G. Bl. 
S. 292) zur Anwendung, welches vorschreibt, daß alle noch bestehenden aus der Verschieden- 
heit des religiösen Bekenntnisses hergeleiteten Beschränkungen der bürgerlichen und staats- 
bürgerlichen Rechte aufgehoben sind. Durch dieses Gesetz sind selbstverständlicher Weise 
Rechtsverschiedenheiten zwischen den Angehörigen der einzelnen Religionsgesellschaften dann 
nicht ausgeschlossen, wenn diese Verschiedenheit nicht den Charakter der Benachtheiligung an 
sich trägt. Dies gilt insbesondere von jenen Rechten, welche ihrer Natur nach beim Inhaber 
die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Glanbensbekenntniß, speziell zur christlichen Religion 
voraussetzt, wie z. B. die Mitgliedschaft einer theologischen Fakultät, und das Patronatsrecht. 
Ebenso ist nicht verboten die Theilnahme an Vereinen und Korporationen und den Genuß von 
Stiftungen von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession abhängig zu machen 3). 
  
1) Eine Zusammenstellung der gegenwärtig bestehenden preußischen Orden und Ehrenzeichen 
findet sich bei Bornhak, Rönne und Schulze a. a. O. 
2) Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., II, S. 260 ff. 
3) Das G. v. 3/7. 1869 bezieht sich nur auf die rechtliche Stellung der Individuen, nicht 
auf die Regelung der Rechtsverhältnisse der Religionsgesellschaften, für welche lediglich das Landesrecht 
maßgebend ist. (Vgl. 88§ 133 ff.)
	        
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