Full text: Deutsche Wappenrolle.

der Schild von einem blauer Schnallenband umgtrtet, in dem 
die Devise »NEC ' ASPERA ° TERRENT« untergebracht ist. 
Um das Ganze ist die Kette des Ordens Heinrichs des 
Löwen geschlungen, die oben hinter die Herzogskrone ge- 
zogen ist. 
Das Schnallenband ist eine Nachahmung des Garter des 
Hosenbandordens, der von Herzog Wilhelm in seinem persön- 
lichen Wappen geführt wurde. 
Das Kleine Staatswappen zeigt im roten Felde das laufende, 
silberne Pferd von Niedersachsen. Auf dem Schilde ruht die 
Herzogskrone. (Fig. 110.) Hie und da treten auch die wilden 
Männer des grossen Wappens als Schildhalter hinzu, ein Wappen- 
bild, das wir bereits in einem Siegel Herzog Rudolf Augusts 
(} 1704) vorfinden. Dieses Wappen wird hauptsächlich von den 
Verwaltungs-, Gerichts- und sonstigen Behörden und Anstalten 
des Landes in ihren Siegeln benützt, während die Herzogliche 
Hofverwaltung und die Gesandtschaften, zuweilen auch das 
Staatsministerium das vorher beschriebene Wappen gebrauchen. 
Im Siegel erscheint das Pferd ohne Schildumrabmung, auf 
einem schmalen Bodenstreifen laufend. Ueber dem Pferde schwebt 
die Herzogskrone. Die Siegelmarken der Aemter und Behörden 
zeigen meist den Druck weiss auf blauem Grunde. 
Se. Kgl. Hoheit Albrecht, Prins von Preussen, Regent des 
Herzogtums Braunschweig, der nach dem am 18. Oktober 1884 
erfolgten Ableben des Herzogs Wilhelm und der am 21. Ok- 
tober 1885 vor sich gegangenen Wahl durch die braunschweigische 
Landesvertretung mittelst Patent vom 2. November 1885 die 
Regentschaft angetreten hat, gebraucht als Regent dieselben 
Wappen, die bereits von Herzog Wilhelm geführt wurden, nur 
kommt jetzt der Garter des Hosenbandordens in Wegfall. 
Die Hoflieferanten benützen bald die eine, bald die andere 
Form des Wappens; eine Verordnung darüber ist bisher nicht 
erschienen. 
Die Mitteilungen über die braunschweigischen Staatswappen ver- 
danken wir zum Teil der Ljebenswürdigkeit des Hr. Dr. Zimmermann, 
Vorstand des herzogl. Landeshauptarchives in Wolfenbüttel. 
Das alte Geschlecht der Welfen 
sesshaft gewesen und erlosch im Mannesstamm mit Welf III. 
im Jahre 1oss. Der Sohn von dessen Schwester, der Gattin 
des lombardischen Markgrafen Azzo, Welf IV. (} 1101) ist der 
Stammvater des neuen Welfengeschlechtes, das durch Heirat 
Lüneburg und Braunschweig an sich brachte- Welfs IV. Sohn, 
Heinrich der Schwarze (+ 1126), heiratete Wulfhild, die Erb- 
tochter Herzogs Magnus von Sachsen und erhielt durch sie 
die Billingschen Güter, und dessen Sohn, Heinrich der Stolze 
(} 1139), erwarb durch seine Verbindung 1127 mit Gertrud d. j. 
von Supplingenburg, der Erbtochter Kaiser Lothars und der 
Richenza von Nordheim, die Braunschweigischen, Nordheimischen 
und Supplingenburgischen Güter. 
Als der Sohn Heinrichs des Stolzen, Heinrich der Löwe, 
Herzog von Sachsen und Bayern, 1180 in die Reichsacht geriet, 
und alle seine Besitzungen im Süden verlor, verblieben ihm nur 
die vorerwähnten Erbgüter. 
Heinrich der Löwe führte in seinem Siegel einen schreiten- 
den, natürlichen, nicht heraldischen Löwen. Der Löwe war 
nicht zum »Grimmen geschickt«, nicht kampfbereit, vielleicht 
in Bezug stehend zur Bedeutung des Geschlechtsnamens »Welf« 
— junger Löwe. " 
Im Siegel seines älteren Sohnes Heinrich, der infolge seiner 
Heirat mit Agnes, der Tochter des Pfalzgrafen Konrad, 1195 
Pfalzgraf bei Rhein geworden war, erscheint auf der Fahne ein 
heraldischer, aufgerichteter Löwe, der sich im bayrischen Wappen - 
erhalten hat. 
war in Oberschwaben _ 
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Im Schilde dagegen führte der Pfalzgraf zwei Leoparden 
übereinander. 
Es ist dies das verkürzte Geschlechtswappen seiner Mutter 
Mathilde, Tochter Heinrichs II. von England, mit der Heinrich 
der Löwe in zweiter Ehe verheiratet war (1168). Das englische 
Wappen zeigt, wie bekannt, im roten Felde drei goldene Leo- 
parden übereinander; Mathildens älterer Bruder, Richard Luwen- 
herz (1199), führte die Vollzahl drei, sein jüngerer Bruder zwei, 
Mathilde wahrscheinlich auch nur zwei Leoparden in ihren 
Schilden. Wäre Johann kinderlos gestorben, so hätte der Pfalz- 
graf Heinrich den nächsten Anspruch auf den englischen Thron 
besessen und dies mag vielleicht der Grund gewesen sein, wes- 
halb er das Wappen seiner Mutter im Schild geführt hat, auch 
war es zu seiner Zeit überhaupt üblich, das Wappenbild der 
Mutter, wenn sie vornehmeren (Gseschlechtes als der Vater war, 
in das Wappen aufzunehmen. Nach alten Darstellungen (Zü- 
richer Wappenrolle etc.) und Beschreibungen soll übrigens das 
englische Wappen rote Leoparden, nach anderen Löwen im 
goldenen Felde gezeigt haben; das Wappenbild von Braunschweig 
wäre demnach ein verkürztes, in den Farben verwechseltes, 
sogenanntes Widerwappen des alten englischen Wappens ge- 
wesen. 
Pfalzgraf Heinrichs jüngerer Bruder, Wilhelm von Lüne- 
burg (} 1213), hatte Helene, die Tochter WaldemarsI., Königs von 
Dänemark zur Frau (1202). 
Das dänische Wappen zeigt drei blaue Löwen in einem mit 
roten Herzen bestreuten goldenen Felde, welches Bild zum ersten- 
male im Siegel Waldemars II. von Dänemark (1202 — 1241) nach- 
weisbar ist. 
Die nachgeborenen Söhne führten das Wappen, wie die 
im englischen Königshause, ebenfalls in verkürzter Form, so der 
Herzog von Schleswig zwei, der Herzog von Jütland einen 
Löwen u. s. w. Auch Helene, die Gattin Wilhelms von Lüne- 
burg, soll nur einen blauen Löwen im goldenen, mit roten Herzen 
bestreuten Felde geführt haben, welches Wappen von ihren 
Nachkommen weiter benützt wurde. 
Ihr Sohn, Otto Puer (der Knabe), F1252, wurde, nachdem 
seine beiden Oheime, Pfalzgraf Heinrich und Kaiser Otto IV. 
1218 und 1227 gestorben waren, am 21. August 1235 als erster 
Herzog von Braunschweig und Lüneburg mit diesem Herzog- 
tume belehnt. Er führte in seinen Siegeln den schreitenden 
Löwen gleich seinem Vater und Grossvater. Seine Söhne Al- 
brecht I. der Grosse (}1279) und Johann (} 1277) teilten das 
Erbe in der Weise, dass Albrecht Braunschweig, Göttingen, 
Grubenhagen etc., Johann Lüneburg, Celle, Rannover etc. zufiel. 
Albrecht, der Stammvater der Alt-Braunschweigerlinie, führte 
das Wappen seiner Urgrossmutter, Mathilde von England. Johann, 
der Stammvater der Alt-Lüneburgerlinie, benützte dagegen das 
Wappen seiner Grossmutter, Helene von Dänemark. 
Albrechts Söhne stifteten die Linien Grubenhagen, Göft- 
tingen und Wolfenbüttel, die alle das gleiche Schildbild, das 
verkürzte englische Wappen führten. Konrad von Würzburg 
‘ beschreibt in seinem »Turnei von Nantheiz« das braunschweigische 
Wappen: 
»dä gap ouch lichtebaren schin 
von Brünswic des herren schilt, 
da zw£&ne löuwen if gezilt, 
von golde wären in ein velt, 
dar an vil höher koste. gelt 
von röten kelen was erkannt.« 
Braunschweig wie Lüneburg führten auf dem Helme das 
Kleinod von Dänemark, zwei mit Pfauenfedern besetzte Büffel- 
hörner (so im Siegel des Königs Christoph I. von Dänemark 
1321), die aber in einigen Siegeln der Braunschweiger eher als 
hornartige Stäbe mit Pfauenfedern besetzt, zu blasonnieren wären
	        
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