Full text: Deutsche Wappenrolle.

(Fig. 111 u. 112), und die sich durch ein Verkennen der Urform 
in Sicheln verwandelten, die bereits in der ersten Hälfte des 
XV. Jahrhunderts nachweisbar sind. (Siegel Otto des Hinken- 
den, 1443.) 
   
Fig. 112. Helmkleinod im Siegel 
Fig. ıır. Helmkleinod im Siegel 
Alberts von Braunschweig (1359). 
Agnes’ von Braunschweig (1334). 
Durch die Heirat des Herzogs Ludwig von Braunschweig 
mit der Herzogin Mathilde von Lüneburg wurden die beiden 
Schildbilder zu einem Wappen vereint. (1367.) 
Kurz vor dem Erlöschen der Alt-Lüneburger Linie erscheint 
plötzlich bei allen Linien von Alt-Braunschweig (1361) eine neue 
Figur im Wappen, eim vor einem Pfauenfederköcher laufendes 
Pferd als Kleinod des Helmes, dasselbe Pferd zuweilen auch im 
Schilde selbst, oder frei im Felde des Siegels. Der Ursprung 
dieser Wappenfigur ist nicht sicher nachzuweisen. Es ist’ die 
Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass man irrtümlicherweise das 
silberne Pferd für das zum englischen Schilde gehörige Helm- 
kleinod hielt (das echte Kleinod war ein am Helme stehender 
Leopard) und der Sage von Hengist und Horsa (Hengst und 
Ross), Söhne eines Herzogs von Engern (Niedersachsen), die das 
Banner ihrer Heimat, ein silbernes Ross in Rot, nach England 
gebracht haben sollen, vollen Glauben 
beimass; vielleicht war aber auch dieses 
Pferd ein altes, längst geführtes Fahnen- 
bild der welfischen Dynasten, das nun 
entweder durch eingetretene neue Ver- 
hältnisse oder auch bloss infolge einer 
neuen Wappenmode zum eigentlichen 
Fig. 113. Aus dem Siegel Wappenbilde avancierte, 
Herzog Erste Im Siegel des jungen Herzogs Ernst 
von Braunschweig (1374) bildet das 
Pferd einen hervorragenden Bestandteil des Helmkleinodes. 
(Fig. 113.) 
Im Wappenbuche »van den Ersten« (c. 1380) erscheint das 
  
Pferd im Schilde sogar mit Sattel und Zaum. (Fig. 114.) 
Das Pferd wurde allmäh- 
\ lich eine dominierende Figur 
und ist es bis heute geblieben. 
Der schon ziemlich früh- 
zeitig gekrönte Schaft oder 
Köcher, der zur Aufnahme der 
Pfauenfedern diente, wurde in 
späterer Zeit oft als Säule ge- 
zeichnet und dieser irrigen Auf- 
fassung entsprechend silbern 
statt rot tingiert. Der Stern, 
mit dem die Federn belegt er- 
scheinen, soll wie die Legende 
erzählt, von Kaiser Max dem 
Herzoge Erich I, um das Jahr 
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®& N‘ 1504 verliehen worden sein, in 
Anerkennung seiner Hilfe in 
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der Schlacht bei Regensburg, 
Fig. 114. D. ald woepe va bruynswick in der Erich dem Kaiser das 
(Wsppenbuch „van den Ersuent 13804 Leben gerettet haben soll. 
S. v. Birken in seiner Bearbeitung. des Fuggerischen »Spiegel 
der Ehren des Erzhauses Oesterreich«, 1668, S. 1153 erzählt 
ebenfalls diese Geschichte: 
          
   
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»Er (Maximilian) kame / noch selbigen abends mit den 
Fürsten und Hauptleuten / nach Regensburg / GOTT vor den 
Sieg zu danken: Daselbst er Herz. Erichen / zu vergeltung 
seiner tapfern Treue / das Einkommen der Grafschaft Görz auf 
lebenlang geschenket / ihn zum Ritter geschlagen / und sein 
Wappen mit einem güldnen Stern im Pfauenschwanz verbessert. 
Er / Herz. Erich / hat nachmals diese Schlacht / auf dem fürstl. 
Saal der Vestung Calenberg / künstlich abmalen lassen.« 
Der Stern findet sich aber circa hundert Jahre früher schon 
im Siegel Herzog Friedrichs II. 1383, allerdings nicht auf den 
Federn des Kleinodes, wohl aber im Schildfelde über dem 
Pferde schwebend. Später setzte man konform dem Schildbilde 
auch über das Pferd des Helmkleinodes den Stern (1483) und 
gab damit Veranlassung zur Erfindung der gar nicht übel ge- 
ratenen Wappenlegende. 
Um die Mitte des XV. Jahrhunderts (so im Siegel Ottos 
des Hinkenden, 1443) erfolgte die Vereinigung der beiden Helm- 
kleinode, wie sie unsere farbige Abbildung zeigt, nur hat man in 
neuester Zeit die gezähnte Schneide der Sicheln, wie solche 
bereits im XVI. Jahrhundert in den Darstellungen üblich war, 
beiseite gelassen. 
Die Grafschaft Ever- oder Eberstein wurde durch die 
Heirat Herzogs Otto des Hinkenden mit Elisabeth, der Erb- 
tochter Hermanns von Everstein erworben und der Löwe von 
Everstein in das Siegel aufgenommen. (Siegel Ottos von 1414.) 
Herzog Bernhard I. erwarb am 9. Oktober 1409 von Hein- 
rich, dem letzten Herren von Homdurg, die Anwartschaft auf 
dessen Herrschaft. Nach der Ermordung Heinrichs wurde die 
Herrschaft von Braunschweig eingezogen. 
Das Wappen von Diepholz (»stiefes Holz«): der Schild ge- 
teilt, oben in Gold ein blau gekrönter und bewehrter roter 
Löwe, unten in Blan ein rot bewehrter, silberner Adler, findet 
sich zum erstenmale im Siegel des edlen Rudolf von Diep- 
holz, 1295. 
Das Kleinod des Helmes bildet ein silbernes und ein rotes 
Büffelhorn, die Hörner mitunter auch von rot über gold und 
silbern über blau geteilt. 
Kaiser Max hatte am 10. Juli 1517 dem Herzoge Heinrich 
dem Mittleren die Anwartschaft auf die Herrschaft Diepholz er- 
teilt, die 1556 von Kaiser Karl V. dem Herzoge Franz Otto 
auch bestätigt wurde. Als mit dem Grafen Friedrich das Haus 
Diepholz am 21. September 1585 erlosch, fiel die Grafschaft 
an Herzog Wilhelm, den Stifter der jüngeren lüneburgischen 
Linie. 
Im Siegel Herzogs Anton Ulrich (} 1714) der jüngeren 
braunschweigischen l.inie, Dekanats-Statthalter in Strassburg, er- 
scheint der Adler von Diepholz mit einem Brustschildchen belegt, 
das die Gottesmutter mit dem Kinde zeigt. Ferdinand Albrecht II. 
(f 1735) derselben Linie, Propst des Stiftes St. Cyriacus in 
Braunschweig, führt im Herzschilde seines Wappens die Figur 
des hl. Cyriacus, 
Die Grafschaft Hohnstein, schon bei Tafel XIV. besprochen, 
gehörte zu den nordheimischen Gütern, die durch die Gräfin 
Gertrud auf ihre Tochter Richenza kam und durch diese an die 
Welfen vererbt wurde. Die Grafen von Hohnstein erwarben 1280 
die Besitzungen der Grafen von Älettenderg, die mit dem Grafen 
Konrad ausgestorben waren. Klettenberg war ein halberstädtisches 
Lehen und als die Hohnstein mit Ernst VII. am 8. Juli 1593 
erloschen, nahm Braunschweig, das die Anwartschaft auf dieses 
hohnsteinsche Gebiet 1583 vom Stifte Halberstadt erhalten hatte, 
davon Besitz, gab aber später dasselbe als Afterlehen an Schwarz- 
burg und Stolberg weiter. Als aber infolge des westfälischen 
Friedens das Bistum Halberstadt an Kurbrandenburg fiel, gab 
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