Durch eine irrige Auffassung geriet die Mitra, die früher
auf dem oberen Schildrande stand, in den Schild hinein und
zwar in ein eigenes Feld über dem Kreuze, bis endlich die
Mitra noch weiter herabrutschte und auf das Kreuz selbst zu
stehen kam — ein wanderndes Wappenbild, wie man solche
nur zu häufig nachweisen kann.
In unserer Darstellung des Wappens von Lübeck ist die
Mitra mit abfliegenden Dependenzen geschmückt, die wir auf
Anraten des Herm Archivrates Dr. Sello in das Wappen auf-
genommen haben, Die Dependenzen sind ein untrennbarer Be-
standteil der Mitra und füllen ausserdem in günstiger Weise das
sonst etwas leere Schildfeld.
In den übrigen Schildfeldern des Gottorper Wappens er-
schienen der Reihe nach Norwegen, Schleswig, Holstein, Stor-
marn, Oldenburg, Delmenhorst, und in der Spitze Dithmarschen,
Wappen, die wir heute im Öldenburgischen Wappen ebenfalls
vorfinden.
Infolge des Reichsdeputations-Hauptschlusses vom Jahre 1803
musste der 1623 von Kaiser Ferdinand O. zugesprochene, sehr
einträgliche Weserzoll zu Elsfleth aufgehoben werden, dafür er-
hielt Oldenburg das Bistum Lübeck als erbliches Fürstentum,
ferner das alte oldenburgische, zur Zeit hannoverische Besitztum
Wildeshausen und zwei Aemter des Niederstiftes Münster ab-
getreten,
Nach dem Zusammenbruche der französischen Gewaltherr-
schaft erhielt Oldenburg 1817 einen Teil des Saardepartements
(aus Teilen der hinteren Grafschaft Sponheim, Oberstein und
Veldenz bestehend), als Fürstentum Birkenfeld und nahm dafür
das Wappen von Hinter-Sponheim (Spanheim), ein rot-silbernes
Schach, in das Wappen auf.
Alle übrigen Wappenbilder des grossen Staatswappens sind
nicht Besitzwappen des oldenburgischen, sondern waren solche
des dänischen Herrscherhauses.
Am 22. März 1777 wurde Oldenburg von Kaiser Josef II.
zu einem Herzogtume erhoben, am 28. Mai 1829 nahm Herzog
42
Paul Friedrich August die Würde eines Grosskerzogs an, welchen
Titel bereits der Wiener Kongress zugestanden hatte. Darauf
erfolgte am 29. Oktober / 27. November 1829 die Bekannt-
machung des neuen, noch heute geführten Staatswappens, das
natürlich ganz der damals herrschenden heraldischen Kunst-
richtung entsprach und deshalb einer Durchbildung dringend be-
dürftig wäre.
Herr Archivrat Dr. Sello hat vor einigen Jahren einen
Wappenentwurf ausgearbeitet, den wir hier folgen lassen:
Rücken-, Mittel- und Herzschild. Der Herzschild von Olden-
burg und Delmenhorst geviert. Der Mittelschild ebenfalls ge-
viert und zwar in I Jever, 2 Kniphausen (beide mit ungekrönten
Löwen), 3 Lübeck und 4 Birkenfeld. Der Rückenschild ist ge-
viert mit eingepfropfter Spitze. In ı Norwegen, 2 Schleswig,
3 Holstein, 4 Stormarn, Spitze: Dithmarschen. Auf dem Schilde
ruhen drei gekrönte Spangenhelme; in der Mitte der Helm von
Oldenburg mit den doppelt quergestreiften Hörnern und dem
Delmenhorster Kreuze; rechts der Helm von Jever mit gold-
blau-goldenen Straussenfedern, links der Helm von Schleswig-
Holstein mit drei Pfauenschäften, zwischen welche die Fähnchen
von Holstein gesteckt sind. Um den Schild schlingt sich die
Kette des »Haus- und Verdienstordens des Herzogs Peter Fried-
rich Ludwig«. . (Siehe Tafel XX.)
Als Schildhalter dienen zwei goldene Löwen, die auf einem
blauen, rot bordierten Spruchbande fussen. Das Band zeigt in
goldenen Lettern die Devise Peter Friedrich Ludwigs und zu-
gleich des Ordens: »EIN GOTT, EIN RECHT, EINE WAHR-
HEIT«. Das Ganze steht unter einem Purpurmantel, der aus
einer Königskrone herabfällt. — Würden die Felder des Mittel-
. schildes nach der Reihenfolge des Anfalles der Länder an’ das
neue Grossherzogtum geordnet werden, so kämen in I Lübeck,
in 2 Birkenfeld, in 3 Jever und in 4 Kniphausen zu stehen.
Diese Anordnung hat auch den Beifall Sr. Königl. Hoheit des
Grossherzogs gefunden, doch wurde von einer Aenderung des
Wappens derzeit noch abgesehen.