90 B. Gesetz über den Belagerungszustand.
ist, kommt ein Konkurrenz zwischen § 9b am Ende,
J0 und d mit § 49a St GB. (Duchesne-Paragraph) in Frage.
Zwar sind beide subsidiar (vgl. § 9: „wenn die bestehenden
Gesetze keine höhere Strafe androhen“; § 49 a: „soweit
nicht das Gesetz eine höhere Strafe androht"), aber die
Strafe des § 49 a St G#. ist die höhere und daher nach
& 73 St GB. maßgebliche. Doch kommt § 49 a nur in
Frage, wenn seine sonstigen Voraussetzungen ge-
geben sind (insbesondere muß ein echtes „Verbrechen“ i. S.
des Strafgesetzbuches vorliegen). Übereinstimmend Eber-
mayer bei Stenglein S. 371.
III. Räumlicher Geltungsbereich. Die Delikte
des § 9 können nur in einem in Belagerungszustand er-
klärten Orte oder Distrikte begangen werden. Ist also
z. B. nur ein Teil des Reichsgebietes in Ausnahmezustand,
so kann (sowenig wie im Auslande) in einem nicht in
Belagerungszustand erklärten Gebietsteil keine der in
§ g9mit Strafe bedrohten Handlungen be-
gangen werden.
IV. Zu Absatz II. Auf Grund eines Antrags
Schiffer — vgl. auch den mündlichen Bericht der Kom-
mission für den Reichshaushaltsetat Reichstag 13. Leg Per.
II. Session 1914/15 Nr. 113 und StenBer. Reichstag
20. Sitzung vom 27. August 1915 S. 397 — ist unter
dem 11. Dezember 1915 ein am gleichen Tage in Kraft
getretenes Reichsgesetz ergangen, das zur Milderung der
harten Strafbestimmung des § 9 im Falle des Reichs-
kriegszustandes (n ur in dieseml!) bei Vorliegen mildernder
Umstände Haft oder Geldstrafe bis zu 1500 Mark zuläßt.
Nach § 2 II St GB. ist ein Verstoß gegen 8 9, der vor
Erlaß der Lex Schiffer begangen wurde, aber nachher zur
Aburteilung gelangt, nach der Novelle zu bestrafen.
4. Erläuterungen zu 8 94. «
J. Gerüchte sind unbeglaubigte Nachrichten oder Be-
hauptungen, die in bestimmter oder unbestimmter Form
auftreten, so Ebermayer bei Stenglein S. 3712).
3 Vgl. auc- BaypOb G. (zu Art. 4 II KBG.) Beibl.
Il Bl. 1915 S. 158: „Strafbar ist jede vorschnelle Be-
hauptung oder Weitererzählung einer unverbürgten,
objektiv falschen Tatsache."“