Reichskriegswesen. 17
Daher ist für den Fall des Krieges der Reichskriegs-
zustand, wie er durch die kaiserliche Verordnung vom
31. Juli 1914 (Re#Bl. S. 263) für das ganze Reich er-
klärt worden ist, das Gegebene, das Normale. Aber des-
halb wollte doch die Dienstvorschrift vom 19. März 1914
die Möglichkeit eines landesrechtlichen Kriegszustandes der
provisorischen Art, wie wir ihn meinen, durch Ziff. 1 nicht
abschneiden. Denn nach Nift 4 kann „außerdem in
Preußen“ „im Falle eines Krieges“ in den vom Feinde
bedrohten oder teilweise schon besetzten Provinzen der
kommandierende General den Bezirk seines Armeekorps
oder einzelne Teile desselben, wowie jeder Festungs-
lommandant die ihm anvertraute Festung mit ihrem
Rayonbezirk in den Belagerungszustand erklären. Die
provisorische Natur einer derartigen Verhängung des
Priegeris chen) Ausnahmestandes kommt in Ziff. 11 der
ienstvorschrift zu deutlichem Ausdruck, wenn es in dem
Satz 1 heißt: „Hat in Preußen ein Militärbefehlshaber
den Belagerungszustand vorläufig erklärt, so hat er
unverzüglich in jedem einzelnen Falle Seiner Majestät dem
Kaiser und König davon Mitteilung zu archen Wenn
dann weiter auf das elsaß-lothringische Gesetz verwiesen
wird, so ist die ratio der Ziffer 4 klar: Es soll in
Grenzprovinzen die Möglichkeit gese esfen werden, in
Notfällen schen vor Erlaß des kaiserlichen Ausnahme-
ustandes dessen Wirkungen provisorisch herbeizuführen.
an hat bei der Abfassung der Vorschrift wohl nur daran
gedacht, daß Elsaß- areinge sowie die östlichen Grenz-
provinzen besonders gefährdet sind und übersehen, daß
auch die Gebiete anderer Bundesstaaten in ähnliche Lage
geraten können. Ubi eadem legis ratio, ibi eadem
legis dispositio: Trotz Schweigens der Dienstvorschrift
wird man annehmen müssen, uaßt sie eine vorübergehende
landesrechtliche Ausnahmezustandserklärung auch im
Falle eines Krieges übersehen hat, aber nicht aus-
geschlossen wissen wollte. »
Zu der hier vertretenen Auffassung steht es auch nicht
in Gegensatz, wenn Mohl S. 90 meint: „In Kriegs-
feiten und zu Kriegszwecken kann die Erklärung des Be-
agerungszustandes nur dem Kaiser oder einem ihm unter-
geordneten Befehlshaber nach den Bestimmungen des Ge-
Strupp, Belagerungsgesetz. 2