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seinem Wortlaute abschließend — an, in welchen Aus-
nahmfällen Einschränkungen des Prinzips der Unverletzlich-
keit des Briefgeheimnisses zulässig sind. Nun ist freilich
das in den zitierten Normen enthaltene Post= und Tele-
graphengeheimnis, worunter man nach richtiger Ansicht
(Anschütz, Kommentar S. 552; vgl. übrigens auch
Kohler im Arch. f. bürg. Recht VII, 1893, S. 115 ff.;
Archiv für Post und Telegraphie Nr. 19 vom Oktober 1905
S. 601 ff.) die Pflicht der Post= und Telegraphenver-
waltung, über die anvertrauten Sendungen und Nachrichten
keinerlei Mitteilungen zu machen, sowie auch selbst von
diesen Sendungen und Nachrichten nicht weiter Kenntnis
zu nehmen, als für die Beförderung notwendig ist“, zu ver-
stehen hat, begrifflich nur an die Adresse der Beamten des
Post-, Telegraphen- (und Telephon-) Dienstes gerichtet, und
— insoweit bei Verletzung durch diese mit krimineller
Strafe bedroht. Würde nun aber dieses Geheimnis
auch gegenüber § 4 Belagerungszustandsgesetz zu Recht
bestehen, so würde sich der Beamte wegen Verleßung der
S#s# 354, 355 St G. strafbar machen können, sofern er
nicht nach dem oben Vorgetragenen (s. S. 57) die Verletzung
des gesetzlich statuierten Geheimnisses ablehnte. Der an-
ordnende Militärbefehlshaber aber würde sich einer Be-
strafung als Anstifter nach § 48 St#G#B. aussetzen (mittel-
bare Täterschaft kommt in Hinblick auf die von uns ver-
(Rl. Nr. 66), abgedruckt in Breiten stein und
Koropatnicki, Die Kriegsgesetze Österreichs, 1915,
Heft 1 S. 8. Vgl. auch dort Heft 10 S. 479 Verord-
nung des Gesamtministeriums vom 25. Juli 1914 (REBl.
Nr. 167) über die Einschränkung und Überwachung des
Telegraphen= und Telephonverkehrs und Heft 11 S. 482
Verordnung der Ministerien des Handels und des Innern
vom 25. Juli 1914 (RG#Bl. Nr. 162) über die Behandlung
der Postsendungen. — Vagl. auch Verordnung über den
Ausnahmezustand in den Schutzgebieten Afrikas und der
Südsee vom 1. August 1914 (Rel. S. 371) 8 6: „Der
Gouverneur kann für die Dauer des Ausnahmezustandes
von dem Grundsatz des Post= und Telegraphengeheim-
nisses abweichende Vorschriften erlassen.“ "