Full text: Deutsches Kriegszustandsrecht.

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gebers sein, die — im Hinblick auf die Keiführung 
gerade so überauzs wichtigen — Rechte der Militär- 
befehlshaber gegenüber der Post einzuschränken. Daran 
vermag m. E. die Fassung des Postgesetzes nichts zu 
ändern, wie denn umgekehrt die vorsichtige Formulierung 
des Telegraphengesetzes mit ihrer Generalklausel („oder 
sonst durch Reichsgesetz“) geradezu auf RV. Art. 68 
1 — 4 des Belagerungszustandsgesetzes hinzuweisen 
nt. 
86) Läßt somit nach unserer Ansicht, der Anschütz, 
Kommentar S. 553 nahekommt, die Suspension des Art. 6 
VB. eine Beschlagnahme von postalischen Sendungen jeder 
Art auf der Post, sei es im Auftrage des Militärbefehls- 
habers durch jene, sei es durch letzteren selbst, zu — im Er- 
gebnis ebenso Rönne-Zorn, PrtzR. II S. 169, Sydow 
in Stengels Wörterbuch des Verwaltungsrechts, 1. Aufl., 
1 S. 247 —, so nach dem bekannten Grundsatze: in eo 
quod plus est, semper inest et minus, auch die bloße 
Mitteilung über. die Postsendungen. Eine bloße Beschlag- 
nahme ohne Kenntnisnahme des Inhalts aber wäre ein 
Unding und zudem praktisch gar nicht zu verwirklichen. 
Denn wird ein Brief beschlagnahmt, so kann erst die Ein- 
sichtnahme darüber aufhellen, ob der Brief weiterzugeben, 
zurückzusenden ist oder ob die Beschlagnahme anzudauern 
hat. Ein bloßer übergang der — relativ geringen — Befug- 
nisse des Staatsanwalts nach s§ 99, 100 StpO. — wie 
Niggl, Postrecht, 1913, S. 17 VI, Wolcke, Der 
Schutz des Brief= und Telegraphengeheimnisses 1905, 
S. 71, Nowiasky, Deutsches und österreichisches Post- 
recht, 1909, S. 183, behaupten — erschöpft die Bestenesse 
der Militärbefehlshaber nach unserer Ansicht nicht. Selbst- 
verständlich begreift die schlagnahme keineswegs ein 
1) Vgl. aus der Rede des bayrischen Kriegsministers 
Frhr. v. Kreß (Verhandlungen der bayrischen Kammer 
der Abgeordneten Sten Ber. 8. Bd. Nr. 342, vom 9. Mai 
1916, S. 859): „Der Zweck der Briefkontrolle ist kein 
perfönlicher, sondern ein militärisch-fachlicher., er 
entspringt. .. ausschließlich einer Notwendigkeit der 
Kriegführung.“
	        
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