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der greise Kaiser Wilhelm I. lebte, ging keine Gelegenheit
ungenützt vorüber, bei der sich die beiden Monarchen ihrer
gegenseitigen Zuneigung und Verehrung versichern konnten.
Gemeinsam wohnten die beiden erlauchten Herrscher der
Einweihung des Kölner Doms am 15. Oktober 1880 bei,
gemeinsam der Enthüllung des Niederwalddenkmals, das
die Schöpfung des sächsischen Künstlers Schilling ist, am
28. September 1883. Noch find in lebendiger Erinnerung
aller Augenzeugen die glänzenden Kaisermanöver von
1876 und 1882, bei der sich die Anerkennung des höchsten
Kriegsherrn in den schmeichelhaftesten Worten ausdrückte.
Und als sich das Auge des Patriarchen am 9. März 1888
geschlossen und die 99 tägige Regierung des großen Dulders
begann, da wußte dieser nicht besser für die Zukunft seines
Sohnes zu sorgen, als indem er diesen seinem Freunde, dem
König Albert ans Herz legte. „Es ist eine große Schuld,
die ich abzutragen habe", so erklärte auf dem am 7. Sept.
1889 gelegentlich des Kaisermanövers abgehaltenen Parade-
diner Kaiser Wilhelm II. „Viele Jahre haben Ew. Majestät
mit unwandelbarer Treue und Gnade für Mich gesorgt und
Sich um Mich bekümmert. Wie Ew. Maojestät es wohl be-
kannt ist, hat dereinst Mein verstorbener Herr Vater Mich
Ew. Majestät besonders ans Herz gelegt, mit der Bitte, Sie
möchten für Mich sorgen, wenn Ihn einmal etwas Menschliches
träfe. Ew. Majestät haben diese Liebe in hochherziger
Weise erfüllt, und Ich habe schon lange Jahre Meines
Lebens einen innigen Freund und väterlichen Berater in
Ew. Majestät gefunden.“ — So war es auch König Albert,
der bei Übernahme der schweren Kaiserkrone durch den
jungen Kaiser alle deutschen Fürsten aufforderte, nach Berlin
zu eilen und bei der Eröffnung des Reichstages am
25. Juni 1888 Kaiser Wilhelm II. zur Seite stehend
die Einheit des Reiches in imponierender Art darzustellen,
wofür ihm nach seiner Rückkehr die Dresdener Bürger-
schaft in Übereinstimmung mit der Denkungsweise des
ganzen Landes am 27. Juni zu Pillnitz eine glänzende
Dankeshuldigung darbrachte. Es wird der zukünftige
Geschichtsschreiber, wenn die betr. Quellen sich erschlossen
haben, die schöne Aufgabe haben, darzustellen, in welcher für