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August befand sich um diese Zeit in Tyrol; zum zehnten
Male, daß er, der ein großer Freund der Natur war und
eifrige botanische Studien trieb, dies sein Lieblingsland be-
suchte. Er war am 9. August 1854 auf dem Wege, das
Pitzthal aufzusuchen, als hinter Imst zwischen dem Weiler
Brennbichl und der Brücke der Wagen an einer Biegung
des Weges plötzlich umschlug, der König herausgeschleudert
wurde und so unglücklich fiel, daß das scheuende und aus-
schlagende Handpferd ihm mit dem Hufe den Hinterkopf
zertrümmerte. Ohne wieder zum Bewußtsein gelangt zu
sein, verschied der König 3/ Stunde später im Wirtshause
zu Brennbichl. In vorgerückter Nachtstunde, gegen 3 Uhr
früh, überbrachte der Minister von Falkenstein dem damals
in Wesenstein aufhältlichen Prinzen Johann die erschütternde
Trauerkunde, die der Draht nach Dresden gemeldet hatte.
Wider menschliches Erwarten war Prinz Johann König,
Prinz Albert Kronprinz geworden. „Mit tiefbewegtem
Herzen, aber im Vertrauen auf die Hilfe des Allmächtigen
und mit dem festen Vorsatze ergreife ich die Zügel der
Regierung, in seinem Sinne und Geiste fortzuwalten, in
dem Geiste der Gerechtigkeit und Milde, jener Umsicht und
Festigkeit, jener treuen Liebe zu seinem Volke, die sein An-
denken stets in Segen erhalten werden. Kommt auch ihr
Mir mit Vertrauen und Liebe entgegen, so wird das alte
Band, das die Sachsen und ihre Fürsten seit Jahrhunderten
umschlingt, auch uns innig vereinen.“ So lauteten die
Schlußsätze der von König Johann selbst verfaßten Proklamation,
von der dann jeder Buchstabe Wahrheit geworden ist. .
In seiner alles bedenkenden rechtlichen Umsicht hatte
König Johann noch in der Nacht, da ihm die Todesnachricht
des Bruders überbracht worden war, zu seinem Oberhofmeister
5 Byrn gesagt: „Sorgen Sie, daß alles, was zur Sekundo-
genitur gehört, meinem Sohne Georg überwiesen werde,
denn das verlangt die Verfassung.“ Als König trat Johann
und mit ihm der nunmehrige Kronprinz aus dem Genusse
des Sekundogeniturvermögens und die Stände mußten letzterem
eine Apanage bewilligen. Auch ging jetzt das bisher von
ihm bewohnte Haus in der Langegasse auf den Prinzen
Georg über und Kronprinz Albert bezog im Frühjahr 1855