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Das Bestreben des hohen Paares ging darauf hin-
aus, ein friedlicheres ländliches Heim für den Sommer zu
gewinnen. Da fand die Kronprinzessin bei einem ihrer
Morgenspaziergänge im Frühling 1859 in dem Dorfe Strehlen
bei Dresden ein von einem Obstgarten, in dem auch noch
ein kleiner Teich war, umgebenes, reizend gelegenes Haus,
das einem Schneider, namens Lauterbach gehörte. Unerkannt
besuchte das Paar den Mann und ward mit ihm handels-
eins. Am 30. Mai 1860 fand unter allgemeinem Jubel
der Strehlener Bevölkerung der Einzug statt, wobei drei
Strehlener Jungfrauen dem Paare neben dem obligaten
Gedicht auch ein Paar Hühner und ein Paar Tauben für
den neuen Haushalt schenkten. — Auch nach Morawetz war
man noch ein paarmal gekommen, zum letzten Male im
Sommer 1857; aber es empfahl sich doch bei der Entfernung
des Platzes, die Herrschaft zu veräußern; sie ging 1858 an
den Freiherrn von Gudenus über. Auf einem von dessen
Sohne geschenkten Grunde ließ Königin Carola ein Siechen-
haus errichten, das zur Erinnerung an ihre Mutter den
Namen Luisen-Siechenhaus trägt. Sonst war das kron-
prinzliche Paar in diesen Jahren in Ischl, in Thüringen,
in der Schweiz gewesen, hatte sich auch getrennt, wenn die
Kronprinzessin nach einem Badeorte sich begeben mußte,
während Kronprinz Albert den alljährlichen Einladungen
des Kaisers Franz Josef zur Jagd nach den österreichischen
Berglanden folgte; denn er war ein passionierter Waid-
mann geworden, dessen Büchse scharf zu treffen wußte. Am
19. Oktober 1892 schoß König Albert bei Tharandt seinen
1000. Hirsch. Bis auf den heutigen Tag ist er seiner
Neigung treu geblieben; bald in den Alpen, bald im Erz-
gebirge, bald in den 1884 ererbten Wäldern von Sibyllen-
ort pflegt er der hohen und niederen Jagd. Ein unermüd-
licher Fußgänger und rüstiger Bergsteiger hat er sich so
jene ausdauernde und kernige Gesundheit bewahrt, deren
fernere Erhaltung der innige Wunsch einer dankbaren Be-
völkerung ist. — An den langen Winterabenden pflegte man
im Hause des Kronprinzen freundlicher und anregender Ge-
selligkeit, wobei namentlich des Kronprinzen feines Ver-
ständnis für Musik — als Prinz, wie als König hat er