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aber auch, daß König Heinrich des Kampfes müde war und sich
auch im eigenen Lager nicht sicher vor den Umtrieben des arglistigen
Polen glaubte. Sogar des Markgrafen Hermann Bruder Ekkiharb
erregte begründeten Verdacht und wurde ebenso wie der seiner Würde
beraubte Markgraf Werinher von der Nordmark in die Acht erklärt;
ihre Güter wurden mit Beschlag belegt. So vermeinte Boleslar
mit Recht, auf friedliche Weise in den dauernden und rechtlichen Besitz
der von ihm rechts der Elbe eroberten Gebiete kommen zu können;
natürlich, daß er diesen Weg vorzog. Am Pfingstfeste 1013 erschien
er als treulicher Lehnsmann des deutschen Königs in Merseburg und
schwur ihm das Homagium, den Vasalleneid; es läßt sich leicht erraten,
daß dies für die von ihm besetzten Gebiete der Nieder= und Oberlausitz
geschah, die der König ihm doch nicht mehr vorenthalten konnte. Der
mußte sich begnügen, die Form gewahrt zu sehen und den durch die
beständigen Kriegsläufte arg geschädigten Grenzbezirken und dem gänz-
lich verarmten Bistume Meißen die Ruhe des Friedens wichergeschenkt
zu haben. Da er an dessen vorläufigen Bestand glaubte, zog er 1013
nach Italien, um sich die Kaiserkrone zu holen. An diesem Zuge
hatte der neue polnische Vasall keineswegs teilnehmen wollen. Er
ward daher vom Kaiser, der im Juni 1014 nach Deutschland zurück-
gekehrt war und das Weihnachtsfest zu Pöhlde am Harze feierte,
dahin zur Verantwortung vorgeladen. Die Verhandlungen, die pol-
nischerseits durch einen verlogenen Patron mit Namen Steoinjev,
deutscherseits durch Hermann von Meißen geführt wurden, zogen sich
ohne Ergebnis bis ins Jahr 1015. Da griff Kaiser Heinrich im
Juli wieder zum Schwerte. Einem anfänglichen Siege des Kaisers
an der Oder über Miecislav (Misico), den Sohn des Polenherzogs,
folgte eine durch mangelnde Vorsicht Heinrichs hervorgerufene Nieder-
lage Anfang September in der Oberlausitz und Rückzug des kaiser-
lichen Heeres auf Merseburg. Miecislav folgte, ging am 13. September
über die Elbe, verheerte das Land am linken Ufer und nahm dann
mit seinen Scharen die von Verteidigern entblößte Unterstadt von
Meißen ein, die er sofort in Brand steckte. Ja, es gelang ihm, einen
Teil der wasserentblößten Oberstadt anzuzünden. In dieser höchsten
Not warf sich Markgraf Hermann auf die Kniee, um Christus und
den heiligen Donatus um Hilfe anzuflehen, zugleich feuerte er auch