Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

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sie bestellten Vögten erfüllt wurden. Die Bedeutung dieses Wortes 
ergiebt sich aus seiner ursprünglich lateinischen Form: vocati, Berufene, 
nämlich berufen entweder vom Kaiser zu der zeitweise auszuübenden Stell- 
vertretung seiner Person in gewissen Gegenden, oder vom Markgrafen zum 
gleichen Zwecke, oder namentlich von Bischöfen und Abten zur Handhabung 
der Rechtsprechung und Verwaltung in den ihnen gehörigen weltlichen 
Distrikten; natürlich waren das meist angesehene und mächtige Leute, 
die ihrem Spruche Nachdruck verleihen konnten, dafür aber auch in 
Landbelehnungen für ihre Mühe entschädigt sein wollten. Ohne daß 
die Geistlichkeit es hindern konnte, machten sich die zur Vogtei berufenen 
Geschlechter gern in ihrer Stellung erblich; indem sich die Landes- 
fürsten, so auch natürlich in Meißen, gern zu Vögten in geistlichen 
Stiftern bestallen ließen, gewannen sie den durch die vorgenannten 
Exemptionen und Immunitäten der weltlichen Macht verloren ge- 
gangenen Einfluß auf Rechtsprechung und Verwaltung zurück. 
Wie weit dem Markgrafen in unseren Gegenden eine Art Ver- 
tretung des von ihm verwalteten Landes beratend oder gar bestimmend 
zur Seite stand, läßt sich heute nicht mehr genau feststellen. Es lassen 
sich aber einige Thatsachen aufführen, die einen derartigen Einfluß 
wahrscheinlich machen. Wenn Kaiser Heinrich Gunzelin, den ungetreuen 
Markgrafen von Meißen, seines Amtes entsetzte und, wie wir oben 
sahen, nicht durch eigene Willkür, sondern durch ein Gericht der 
Vornehmen dies Urteil fällen ließ, so ist damit noch nicht gesagt, daß 
das lediglich Herren aus Meißen und Thüringen waren, so sehr der 
ganzen Sachlage nach es anzunehmen ist. Aber sein Nachfolger in 
der vakant gewordenen Markgrafschaft, der Graf Hermann, wird, ab- 
gesehen von der Verwendung der Kaiserin Kunigunde und des Erz- 
bischofs Tagino von Magdeburg, mit eingeholter Zustimmung derselben 
Großen in sein neues Amt eingesetzt, die Gunzelin beseitigt hatten; 
das kann doch nur dann Sinn haben, wenn diese Großen durch ihre 
örtliche Stellung zu dem neuen Markgrafen ein berechtigtes Interesse 
an solcher Befragung hatten. So wird dann der tolle Ekbert II. 
gleichermaßen durch ein Fürstengericht entsetzt. Ebenso wirkten die 
Großen des Landes mit bei der Besetzung der mit dem Tode Hein- 
richs II. erledigten Stelle, als Kaiser Heinrich V. ihnen Wiprecht von 
Groitzsch zum Markgrafen machen wollte, und wenig später holte
	        
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