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Demut, von Wildheit und Furcht, von grober Unsittlichkeit und Fröm-
melei, das bei denselben Leuten beobachtet werden kann. Sobald nach
damaliger Art ein Ritter sich beleidigt fühlt, oder ihn die Habsucht
treibt, fällt er verheerend in Bistümer und Stifter ein, um dann in
reuiger Demut sich pönitenzieren zu lassen und doch bei nächster Ge-
legenheit ein ähnliches Spiel zu beginnen. Markgraf Hermann und Graf
Ekkihard versprechen gelegentlich des erwähnten Forststreites dem Bischof
Thietmar mit Hand und Mund, aller Fehde ein Ende zu machen,
und doch peitschen sie bald darauf sechs Merseburger Stiftsunterthanen,
scheren ihnen die Haare ab und verwüsten ihre Hütten. Markgraf
Gero, an dessen Händen das Blut hunderter von erschlagenen Wenden
klebte, legte seine Waffen am Altare des heiligen Petrus in Rom
nieder und starb im Kloster Gernrode. Gleichermaßen pilgerte Wiprecht
von Groitzsch, der übrigens bei keiner Kirche vorbeiging, ohne ein
Vaterunser darin zu beten, nach Rom, wie wir schon gehört haben,
benetzte mit Thränen die Petruskirche, die er einige Jahre vorher mit
dem Blute seiner Feinde besudelt hatte, ließ sich vom Papste an den
Patriarchen von Spanien verweisen und gründete, mit einem Daumen
des heiligen Jakobus ausgestattet, das Pegauer Kloster; jenes kost-
bare Brettspiel, das er von dem Böhmen Wratislav geschenkt erhalten,
wurde benutzt, um das Lesepult der Klosterkirche damit zu schmäcken.
Wie er dann am Ende seiner Tage in diesem Kloster ein seliges letztes
Stündlein erwartete, so suchte auch, wie noch zu erzählen ist, Mark-
graf Konrad der Große von Meißen in dem Kloster auf dem Peters-
berge 1156 Ruhe und Vergebung seiner Sünden.
Man erkennt daraus, welchen Einfluß schließlich doch die Geistlichkeit
und das von ihr vertretene Christentum auf die Gemüter gewannen. Man
kann wohl sagen, daß die Germanisierung der Slaven am wirk-
samsten durch die Geistlichkeit mit Hilfe der christlichen Lehre betrieben
wurde, wenn auch die zu Bekehrenden im Anfang sich höchst abgeneigt
zeigten und namentlich nach den großen Slavenerhebungen die Mission
in den östlichen Gegenden während der ersten Hälfte des Jahrhunderts
für fast erloschen betrachtet werden konnte. Doch thaten die Bischöfe der
neugegründeten Bistümer Merseburg, Zeitz und Meißen immerhin,
was in ihren Kräften stand. Der erste Bischof von Merseburg er-
hielt in Anerkennung seiner Bemühungen um die Slavenbekehrung