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sozialpolitischen Entwickelung schon damals das deutsche Bürger= und
Bauerntum die Grundlage des deutschen Kaisertums geworden sein.
In einem solchen Staate aber, wie er sich ähnlich damals in Frank-
reich zu gestalten begann, war für den ritterlichen Adel, der bisher
die Geschicke des Reiches gelenkt hatte, kein Platz. Einen Abfluß
aber, ein anderes weitergestaltetes Feld zur Bethätigung seiner über-
schüsigen Kräfte, wie der 1096 unternommene Kreuzzug für den
französischen und den normannischen Adel Italiens bildete, war für
Deutschland nicht vorhanden; denn der Bannfluch des Papstes hielt
den deutschen Kaiser und seine Lehnsmannen von einem solchen her-
vorragend kirchlichen Unternehmen fern. So mußte denn gegen die
kurze Friedensperiode Heinrichs IV. eine Reaktion von dem unzu-
friedenen Adel ausgehen. Sie fand eine ungeheure Förderung an der
Rebellion des Sohnes gegen den Vater. Danmit ging auch ein den
Tckerbau ganz wesentlich beeinflussender Prozeß weiter, der durch
Heinrichs IV. Friedensthätigkeit wohl kaum schon merklich aufgehalten
worden war. Immer mehr nämlich schwand in den unsicheren kriegerischen
Zeiten, insbesondere im Osten, der Besitz der freien kleineren Acker-
bauer. Sie suchten Schutz gegen die Mächtigen beim Mächtigen, wenn
auch gegen Aufgabe des freien Eigenbesitzes. Insbesondere vereinigten
sich ihre Güter in den Händen der Klöster und Stister; als Unfreie, für
die wohl der Name Aldionen gebraucht wurde, bebauten sie in unseren
Gegenden neben den slavischen Smurden (s. c. S. 21) die Acker des Klosters.
Somit wurden, wenn auch lediglich aus Eigennutz, die Klöster Hüterinnen,
ja vielfach Retterinnen des Ackerbaus. Zur besseren Bestellung der
Ackerländer des Klosters Pegau berief Wiprecht von Groitzsch fränkische
Kolonisten herbei. Der zweite Abt dieses Klosters that das Nötige.
um diese Arbeitskräfte auszunutzen. Abt Windolf, der seines
Amtes von 1100—1150 waltete, und seine 40 Mörche trockneten
Moräste aus, trugen Hügel ab, um das Gut eines gewissen Erpo, das
nichts als Berg und Thal war einzuebnen, verwandelte eine im öst-
lichen Teile seines Gebietes liegende Einöde in Ackerland und legte
sogar ein Kirchdorf da an, das nach ihm Abtsdorf genannt wurde.
Auch erhöhte er durch bessere Okonomie den Ertrag verschiedener
Ländereien des Dorfes Wolftitz bei Pegau. Wenig später, um die
Mitte des 12. Jahrhunderts, finden wir Flandrer durch Bischof Gerung