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interessierte und warm teilnehmende Liebe des thüringischen Volkes
verrät. Wegen einer aus Liebe begangenen Mordthat nämlich soll
Ludwig II. von Kaiser Heinrich IV. auf dem Giebichenstein bei Halle
gefangen gesetzt worden sein; aber ein kecker Sprung aus dem Fenster
der Burg in die Saale — die örtliche Beschaffenheit erweckt an und für
sich schon die schwersten Bedenken — habe ihn gerettet, indem er beim
Sprunge seinen Mantel als eine Art Fallschirm ausgebreitet habe.
Der Beiname Saltator, wie er in der lateinischen Form heißt, konunt
schon in den die Jahre 1125 bis 1137, also das Zeitalter Lothars
von Sachsen behandelnden Erfurter Annalen vor; somit muß er schon
damals gang und gäbe gewesen sein. Es liegt die Vermutung nahe,
daß der Mann den Beinamen Salius trug, entsprechend der oben er-
wähnten Herkunft von den Saliern oder Franken, und daß die diesen
Ursprung nicht mehr verstehenden späteren Chronikenschreiber dies mit
einer wirklich über Ludwig verhängten Haft irrtümlicherweise zusammen-
brachten. — Auch sonst beschäftigt sich die Thüringer Volkssage mit
dem zweiten Ludwig. Wie der Vater im Osten seines Gebietes die
Schauenburg baute, so soll der Sohn im Westen die Wartburg errichtet
haben. „Wart' Berg, du sollst mir eine Burg werden!“ so, berichtet
die Sage, habe Graf Ludwig ausgerufen, als er einst auf einem seiner
Jagdzüge zu diesem in anmutigster Gegend gelegenen Berg gekommen
war. Abgesehen von der Wahrscheinlichkeit dieser an „Oschatz“ erinnern-
den Uberlieferung hat wirklich die Burg ursprünglich den Namen des
Wartbergs getragen. Nun aber gehörte der Berg nicht zu dem Be-
sitze des Grafen; da habe er den Gipfel mit Erde von seinem Gute
bedecken lassen und dann darauf mit zwölf Eideshelfern geschworen,
daß sie auf eigenem Grund und Boden stünden. Infolgedessen habe
der Richter ihm den Berg zugesprochen. Es habe sich nun ferner gut
getroffen, daß um diese Zeit eine Hungersnot gewesen sei. Da habe
der Graf seine reichen Kornspeicher in Sangerhausen geöffnet für die
Bedürftigen, aber unter der Bedingung, daß sie ihm beim Bau der
Burg behilflich wären. Da sei diese denn bald emporgestiegen. Alles
das aber wird in das Jahr 1067 als geschehen angesetzt. Am Fuße
der neuen Veste aber siedelte Ludwig die Einwohner eines schon früher
dort vorhanden gewesenen Ortes, die sich in der Umgegend zerstreut
hanten, wieder an, und das waren die Anfänge von Eisenach.