4.
Aus Deutschlands dunkelsten Tagen
Am 6. 9. des Jahres 1918 ließ mich der Kriegsminister, der vom
Gr. H. Qu. zurückgekehrt war, kommen und sagte mir, daß man den
Frieden noch in diesem Jahre wolle. Kaiser, Kanzler und O. H. K wären
dafür, Ludendorff habe auf Belgien verzichtet. Das sei wichtig, er
habe es ihm geraten. Natürlich sei es schwierig, die Friedensvorschläge
geschickt zu lancieren. Mit den Ostseestaaten „trete man kurz“, da sich
ihr zukünftiges Verhältnis zu Deutschland ändern könne. Unter diesen
Umständen hielten O. H.L. und Zivilkabinett einen Wechsel in der Person
des Kanzlers nicht für gut.
Am 14. H. teilte Oberst v. Massowu) telegraphisch mit, daß der
König von Bulgarien seinen Gesandten in Wien angewiesen habe, OÖster-
reich von dem beabsichtigten Friedensangebot abzuhalten. Jetzt sei der,
Jeitpunkt ungünstig. Gemeinsam müsse gehandelt werden. Der Kriegs-
minister hielt das Telegramm für eine falsche Orientierung, er war
demnach nicht darüber unterrichtet worden, daß der österr. Botschafter
in Berlin, Prinz Hohenlohe, schon am 30. 8. dem Kanzler von dem in
der Friedensfrage beabsichtigten selbständigen Vorgehen des Grafen
Burian Kenntnis gegeben hatte. Er nahm das Telegramm mit zum
Reichskanzler.
Bereits am nächsten Tage brachten die Zeitungen die österreichische
Friedensanregung. Der Kriegsminister bestätigte sie mir gegenüber.
Die Mehrheitsparteien des Reichstages nahmen den Gedanken begierig
auf. Der Kriegominister hielt es für das beste, den Reichstag nach
Hause zu schicken, bezweifelte aber, ob es der Kanzler fertig bringen
würde. Jetzt war es die höchste Zeit, daß ein starker Mann das Ruder
ergriff.
Am 25. 9. gab ich im Haushaltausschuß auf Wunsch seiner Mit-
glieder einen Überblick über die Lage. Die O. H.L. hatte mir die Unter-
lagen hierzu übermittelt. Meine Ausführungen fanden allseitige An-
1) Militär-Attachee in Sofia.