Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

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das schon 1204 dem mächtigen Angriffe Philipps und seiner Ver- 
bündeten erfolgreichen Widerstand geleistet und auch in letzter Zeit 
durch den Landgrafen noch besonders befestigt und verprovian- 
tiert worden war. Diesmal schien die Kraft der Belagerten doch 
endlich zu ermatten und sie begannen unter Dietrichs von Meißen 
Vermittelung Verhandlungen mit dem Kaiser, infolge deren sie die 
Stadt räumten und bis auf weitere Entscheidung nur noch die Burg 
besetzt hielten. Hier aber mahnte sie der Landgraf aufs dringlichste 
zum Aushalten, da Hilfe nahe sei. 
Und sie kam rascher, als er selbst es gedacht hatte. Er 
hatte auf die Ankunft des Stauffen Friedrich II. gerechnet, der schon 
im Mai 1212 nach Genua gekommen war und von dessen bevor- 
stehendem Anrücken auch Otto im Juli Kunde erhalten hatte, ohne 
darauf sonderliches Gewicht zu legen. Es traf ihn aber ein Unglück, 
das nicht vorherzusehen war. Otto hatte sich, ehe er nach Italien 
zog, mit Beatrix, der nachgelassenen, damals erst 13jährigen Tochter 
Philipps, verlobt, um so ein Anrecht auf das stauffische Hausgut und 
die Dienstleistung der schwäbischen Ministerialen der Stauffer zu ge- 
winnen. Auf die Nachricht von der Landung Friedrichs II. in Gen#a 
verheiratete er sich am 22. Juli 1212 mit der im sechzehnten Lebens- 
jahre stehenden, um seine Stellung entsprechend der neuen Bedrohung 
noch besser zu befestigen. Aber schon nach drei Wochen war das Band 
wieder zerrissen. Am 11. August 1212 erfolgte ganz plötzlich der 
Tod der jungen Frau, ohne daß man eine Erklärung für das uner- 
wartete Ereignis gehabt hätte; spätere Erfindung giebt den italienischen 
Konkubinen Ottos die Schuld, die jugendliche Fürstin vergeben zu 
haben. Für Otto bedeutete ihr Tod den Niedergang seines Sterns, 
der noch eben dicht vor dem Zenith zu stehen schien. Heimlich ver- 
ließen bei Nacht und mit Preisgabe ihres Gepäcks nach dem Tode 
der Erbherrin die Schwaben das Lager des von ihnen nie geliebten 
Sachsen, die Bayern folgten, und so thaten andere, die sich von der 
Fortsetzung des Krieges keinen persönlichen Vorteil erhofften. Ottos 
Streitkräfte schmolzen so zusammen, daß er eben, als er glauben durfte, 
die Belagerung zu einem sieghaften Abschluß gebracht zu haben, sie 
aufgeben mußte. Die gestorbene Gemahlin bestattete er vor dem 
Chore der Blasiuskirche zu Braunschweig; dann ging er nach Erfurt
	        
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