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nach Dietrichs Tode der Merseburger Bischof seine Oberlehnsherrlichkeit
über die Stadt festgehalten. Hier nun beschloß Dietrich, ein reguliertes
Chorherrenstift nach der Augustinerregel dem heiligen Thomas zu Ehren
zu gründen. Unter dem 20. März 1212 bestätigte Kaiser Otto IV.
das neugegründete Kloster und Hospital zu St. Thomae. Als erster
Propst fungierte ein gewisser Konrad, der bisher Pleban, d. h. Welt-
geistlicher in Olschwitz Glschütz) bei Grimma gewesen war. In die
Nähe des neuen Stiftes sollte auch zu gemeinsamem Gottesdienste mit
den Chorherren ein demselben Heiligen geweihtes Nonnenkloster ver-
setzt werden. Mit diesen Maßregeln des Markgrafen waren aber die
Leipziger Bürger durchaus nicht einverstanden, weil sie in der Neu-
gründung eine Beeinträchtigung ihrer Besitztitel sahen. Sie hatten
nämlich von Otto dem Reichen zwischen 1156 und 1170 große Pri-
vilegien erhalten, wonach ihnen das Weichbild abgegrenzt, ferner auf
eine Meile im Umkreis das Marktrecht, in ihren Mauern eigene Ge-
richtsbarkeit und endlich Freiheit von allen Auflagen zugestanden war,
außer, wenn der Markgraf dem Kaiser nach Italien in Erfüllung seiner
Heerbannpflicht folgen müsse. Doch war diese Gerichtsbarkeit immerhin
unter der markgräflichen Aufsicht insofern, als nach wie vor zur Aus-
übung des Blutbannes ein Vogt des Markgrafen und für die zivile
Gerichtsbarkeit ein Schultheiß in der Stadt blieb; auch finden wir
einen Villicus genannt, wahrscheinlich zur Ausübung der Gerichtsbar-
keit außerhalb der Stadt für deren ländliche Umgebung. Diese Pri-
vilegien, die der Stadt zu rascherem Wachstum und größerem Wohl-
stand, damit auch zu unabhängigerer Gesinnung verholfen hatten,
meinten die Bürger durch Anlage einer unter dem Markgrafen stehenden
geistlichen Stiftung bedroht. Somit störten sie den beginnenden Bau,
vertrieben den Propst Konrad und erzwangen die Rückverlegung des
Nonnenklosters. Als dann an Stelle des inzwischen verstorbenen
Konrad 1214 aus Halle der bisherige Chorherr Wernher von St.
Moritz kam, vermochte auch er zunächst nicht das Werk zu fördern,
da die Bürger nach wie vor ihm feindlich gegenüberstanden. Doch
trat diese Frage bald in den Hintergrund vor einer offenbar wich-
tigeren. An den gegen den Markgrafen gerichteten Unruhen beteiligte
sich auch ein Teil des umwohnenden Landadels, der doch durch die
Gründung des Thomasstiftes kein Interesse verletzt sah. Diese Fehde