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jüngeren Sohne, nicht mit dem älteren; sie setzte also das Erb-
recht ganz beiseite. Er hieß Heinrich und wird bald das Kind
von Hessen, bald das von Thüringen oder auch von Brabant ge-
namt. Damals zählte er erst drei Jahre. Mit 800 Bewaffneten,
von ihrem Gemahle begleitet, zog sie jubelnd empfangen in Kassel
und Marburg ein und nahm dann auch Besitz von Eisenach. Als
zweiter Prätendent behauptete, allerdings in sehr fragwürdiger Weise,
Graf Siegfried von Anhalt ein Erbrecht wenigstens auf die nörd-
lichen Teile, insbesondere die Pfalzgrafschaft Sachsen zu haben. Er
stammte von einer Schwester Ludwigs IV., Irmgart, die an einen
Grafen Heinrich von Anhalt vermählt gewesen war. Auch der Herzog
von Braunschweig und der Erzbischof von Mainz traten bald mit
allerhand Ansprüchen hervor. Noch wäre wohl in Betracht zu ziehen
gewesen Heinrichs Stiefbruder, Hermann von Henneberg, aus der
zweiten Ehe der thüringischen Jutta mit dem Grafen Poppo von
Hemeberg entsprossen; aber dieser edel und vor allem dichterisch ver-
anlagte junge Graf mochte an diesen Händeln keinen anderen Anteil
haben, als daß er immer zu seinem Bruder stand.
So begann der thüringische Erbfolgestreit, der mit geringen Un-
terbrechungen bis 1264 dauerte und Thüringen schwer heimsuchte.
Zunächst machten sich die beutegierigen Ritter die Herrenlosigkeit des
Landes zu nutze, um zur Beraubung des Kaufmanns, zu gegenseitiger
Befehdung und endlich zur Bedrängung des Landmannes, der Klöster
und Städte feste Schlösser zu bauen, die ihnen dann auch gegen den
etwaigen neuen Herrn schwerwiegende Pfänder sein konnten. Von
ihnen herab wurden arge Frevel begangen. So streiften Herwig vom
Hörselgau und Hermann Atze bis vor Eisenach, führten das weidende
Vieh mit sich fort und nahmen den ihnen nachsetzenden Vogt von
Tenneberg gefangen. Hermann und Heinrich von Ballen#tädt zogen
von ihrer Burg Hermannstein oder Hammerstein herab, beraubten die
Meiereien des Klosters Georgenthal, mißhandelten die Mönche und
töteten einen von ihnen, dessen blutiges Gewand dann als das
eines Märtyrers von der Erfurter Geistlichkeit in feierlicher Pro-
zession herumgetragen wurde. Die Grafen von Schwarzburg aber be-
rannten und verbrannten 1249 die Stadt Weißensee. All diesem
Unfuge suchte Markgraf Heinrich nach besten Kräften zu steuern. Es