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gefänglich einzog, samt ihren Frauen und Kindern, und sie alle unter
schauderhaften Qualen töten ließ. Sollte übrigens Hermann wirk-
lich in der letzten Zeit wieder an eine Verbindung mit Otto gedacht
haben, so würde das allerdings auch als heller Wahnsinn zu be-
zeichnen sein. Sein Tod bewahrte ihn und vor allem sein durch seine
Schuld viel heimgesuchtes Land vor den unausbleiblichen Folgen eines
solchen Wechsels.
Nur von einer Seite her hat Hermann, dem sonst mildere und
menschlichere Züge fehlten, uneingeschränktes Lob erhalten: von seiten
der Dichter und Sänger, die sich zahlreich am Hofe des prachtlieben-
den Fürsten auf der Wartburg und in Eisenach zusammenfanden. Ge-
wiß hat sich Landgraf Hermann dadurch um die Pflege und Blüte
des deutschen Minnegesangs und der höfischen Dichtung große Ver-
dienste erworben. Er hat es Heinrich von Veldeke ermöglicht, seine
Ancide zu vollenden (1184), Herbert von Fritzlar, Albrecht von
Halberstadt, vor allem aber Wolfram von Eschenbach und namentlich
Walther von der Vogelweide erfreuten sich der fördernden Gunst des
selbst hochgebildeten Landgrafen. Wir hörten von den Studien seiner
Jugend zu Paris, wir hören ferner, daß er sich auch selbst dem Kreise
der Dichter zurechnen durfte und oft noch bis in späte Nacht die
Bächer alter und neuer Geschichte emsig durchstudierte. Walther von
der Vogelweide, der sich des milden Landgrafen Ingesinde nennt,
weilte, wenn auch mit mancherlei Unterbrechungen, von 1204—1211
an dessen freudenreichem Hofe. Freilich klingt wohl auch bei ihm
und bei Wolfram von Eschenbach ein tadelnder Ton an, daß man
bei dem Andrang so vielen fahrenden Volkes nicht so recht zwischen
Kraut und Unkraut zu sichten verstehe. — Als späterer Nachklang
dieser trotz aller Greuel und Gefahren eines ruhelosen Bürgerkrieges
glanzvollen Zeit ist am Ende des Jahrhunderts „Der Singerkriec uf
Wartburg“ entstanden, ein Gedicht, das alle die namhaften Dichter
jener älteren Periode zu einem Wettstreit in ihrer Kunst vereinigt.
In dem ersten Teile des Gedichtes treten namentlich Walther von
der Vogelweide und Heinrich von Ofterdingen hervor; um die Wette
singen sie, dieser das Lob des Herzogs Leopold von SÖsterreich, jener
das des Landgrafen von Thüringen. Wolfram von Eschenbach und
Reimar von Zweter sind Kampfrichter und laut anfänglicher Aus-