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Auch darin war er von seinem Vater verschieden, daß er die
Freuden eines reinen, in sich gefesteten Familienlebens einem prunken-
den Auftreten nach außen durchaus vorzog. Mehrfach wird auch in
dieser locker lebenden Zeit seiner Keuschheit rühmend Erwähnung ge-
than. Auf der sonst so lauten und lustigen Wartburg war ein ernster
und schier klösterlicher Ton eingezogen. An Stelle der fahrenden
Sänger und hochgemuten Ritter traten heischende Bettler und armes,
sieches Volk, das da Hilfe erwartete und fand. Das war vor-
nehmlich die Folge von Ludwigs frühzeitiger Vermählung mit Elisabeth,
der die Kirche und liebende Erinnerung eines mit Wohlthaten über-
schütteten Volkes ebenfalls den Beinamen der Heiligen gegeben hat.
Schon mit elf Jahren, also um 1211, war er mit der vierjährigen
Tochter des Königs Andreas II. von Ungarn verlobt worden, die,
wie schon früher darauf verwiesen worden ist, eine Urenkelin des
Wettiners Dedo des Feisten von Rochlitz war. Sie war schon früh
ein ernstes, nachdenkliches und in sich gekehrtes Mädchen, noch ernster
geworden dadurch, daß 1213 ihre Mutter durch einen ungarischen
Magnaten ermordet worden war. Diese hatte nämlich die ehebrecherische
Liebe ihres Bruders zur Gattin dieses Magnaten begünstigt und der
beleidigte Ehegatte hatte dann, mit anderen verschworen, Rache an ihr
geübt. So paßte Elisabeth wenig an den lustigen Hof Hermanns
auf der Wartburg, wohin sie noch als Mädchen durch eine glänzende
Gesandtschaft geleitet worden war, und die meisten Leute dort fanden
dasselbe; auch ihre zukünftige Schwiegermutter, Sophia, hatte wenig
Gefallen an dem stillen, frühreifen Mädchen. Um so mehr aber ihr
Sohn Ludwig, der allen Einflüsterungen und Versuchungen widerstand
und die Geliebte 1221 als seine Gattin heimführte. Er verstand ihr
Wesen in feinsinniger Art und brachte ihrem mehr als wohl immer
für die häusliche Freude dienlichen Hang zur Askese freundliche
Schonung entgegen. Oft ließ sie sich an Ludwigs Seite durch eine
ihrer Frauen nachts zum Gebete wecken. Sie widmete sich dem Dienste
der ekelhaftesten Kranken, baute am Fuße der Wartburg ein großes
Hospital für Leidende und Elende und speiste während der in Ab-
wesenheit Ludwigs 1226 ausgebrochenen Hungersnot, die noch bis in
das Jahr 1227 andauerte, täglich mehrere Hunderte von Hilfsbedürf-
tigen. In diese Zeit könnte man wohl jene köstliche Sage von den