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Gestelle nicht dicht an die Wand gerückt wurden, sondern einen Zwischen-
raum ließen, so konnte sich wohl einer hinter ihnen verbergen. So
erzählt die Koburger Sage, wie ein hinter diesen Teppichen versteckter
tückischer Pfaff der Abmachung zwischen der guten Gräfin Beate und
dem Türmer des Schlosses zugehorcht und darnach einen teuflischen
Plan gefaßt habe. Graf Hermann fehdete nämlich gegen den Bischof
von Bamberg, weil dieser den Mörder seines Vaters barg. Hierbei
gelang es ihm, nicht nur des Mörders, sondern auch zwölf junger
Dienstmannen des Bischofs Herr zu werden, die auf Geheiß des
Bischofs mit in den Kampf gezogen waren, ohne von dem eigentlichen
Grunde der Fehde etwas zu wissen. Der Graf wollte sie, und so“
sprach er es aus, zugleich mit dem rotköpfigen Mörder des Vaters um
die Mitternachtsstunde hinrichten lassen. Er war ein jähzorniger, aber
sonst guter Mann und auf Bitten seiner Gattin ließ er, ohne daß er
diese sogleich davon unterrichtet hätte, Gnade für Recht ergehen. Er
befahl nämlich dem Henker, den Rotkopf zuerst daran zu nehmen im
Beisein der zwölf Jünglinge, darnach aber nur sovielen den Kopf
abzuschlagen, als er vom Turme Stunden durch den Wächter ebblasen
höre. Da ließ die Gräfin den Türmer kommen und bat ihn, nur
einmal ins Horn zu stoßen für den wirklichen Bösewicht, dann aber
rasch abzusteigen und den Turm zu verschließen. Das hatte, hinter
den Teppichen lauernd, der böse Schloßkaplan erhorcht, der auf die
schmucken Bamberger einen Haß geworfen hatte, weil sie ihn zufällig
im Jugendübermut ausgelacht hatten. Als num die Richtstunde kam und
der Henker am wirklichen Verbrecher seines Amtes gewaltet hatte, der
Wärter aber seinem Befehle gemäß vom Turm gegangen war, ertönten
auf einmal zwölf Hornstöße und einer nach dem andern der zwölf
wackeren jungen Mannen wurde enthauptet: der böse Pfaff hatte
sich verborgen gehalten und kaum, daß der Türmer seinen Posten ver-
lassen, dessen Horn ergriffen und weitergeblasen. Zu spät kam der
Graf, der dasselbe im Sinne gehabt hatte, wie seine Gemahlin, den
Wächter nämlich nur zu einer Vollstreckung blasen zu lassen.
Wutentbrannt ergriff er den schlimmen Pfaffen und warf ihn über die
Turmzinnen in die Tiefe. Noch soll in wüsten Sturmnächten der böse
Mensch an Läden und Fenstern rütteln; dann wissen die Koburger, wer
es ist, und raunen sich zu: „Malchus ruft!“