Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

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Welche Romantik verbindet sich doch mit der Vorstellung ritter- 
lichen Lebens in ritterlicher Zeit! Und doch ist die eigentliche Blüte 
dieses Lebens nur eine kurze gewesen und schon in dieser Blütezeit 
gewahren wir die deutlichen Vorzeichen des beginnenden Verfalls. 
Wie zeitig begegnen wir dem Raubrittertume, das Hand in Hand 
geht mit dem unseligen, zügellosen Fehdewesen, von dem schon oft 
genug gesprochen worden ist. Wenn es aber in dem alten Reime 
heißt: 
Reiten und Rauben ist keine Schande, 
Es thun es die Besten im ganzen Lande, 
so müssen wir uns, nach Abzug der darin liegenden lbertreibung, doch 
fragen; wie kam es, daß der auf so ideale Verpflichtungen vereidigte 
Ritter auf das gemeine Verbrechen des Straßenraubs geriet und darin 
nicht nur keine Schande, sondern sogar eine mit der Standesehre völlig 
zu vereinbarende Berechtigung fand? Die Antwort giebt die wirt- 
schaftliche Umgestaltung Deutschlands, von der früher schon bei 
Gelegenheit der aufstrebenden lombardischen Städte beiläufig die Rede 
gewesen ist: an die Stelle der Naturalwirtschaft trat die Geldwirtschaft, 
an die Stelle des selbstzufriedenen Ausbaues der cigenen Scholle und der 
Lgenügsamen Hausindustrie gegenseitiger Austausch des Produzierten auf 
Grund eines durch einen größeren Markt bestimmten Preises und mannig- 
sache Entwickelung selbständiger Gewerbe in der Stadt. Das durch die 
Kreuzzüge mit dem Orient und dessen vorgeschrittener Kultur vertraut 
gewordene Zeitalter begnügte sich nicht mehr mit der anspruchslosen 
Einfachheit der Väter. Das erwachende Bedürfnis ließ zwischen den 
Häfen der Levante und denen Italiens einen regen Handelsverkehr 
entstehen, der zu gleicher Zeit, um Austauschobjekte zu haben, indu- 
strielle Kunstfertigkeit emporblühen ließ. Bei dem engen Verkehr aber 
zwischen Deutschland und Italien, das ja bis zum Niedergange der 
Stauffen eine politische Einheit bildete, konnte es nicht ausbleiben, 
daß auch die deutschen Städte an dieser Neuentwickelung Anteil nahmen. 
Insbesondere die an den ausmündenden Alpenstraßen und der Donau 
und dann die am Rheine gelegenen städtischen Gemeinwesen, die zu 
Siapelplätzen für den Handel nach Burgund, Holland und England 
wurden, sahen sich gern in diese Neuentwickelung hineingezogen, die 
kaufmännischen Unternehmungsgeist und jeden handfertigen Fleiß reich-
	        
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