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wird, also wohl nach seiner Haupthätigkeit, den landesherrlichen FSchoß“
einzutreiben. Er wird in richterlicher Thätigkeit zuerst 1260 erwähnt,
und zwar erhält er, ganz bezeichnend für die damalige wirtschaftliche
Lage in dem oben besprochenen Sinne, die Anweisung, die Bürger
bei der ihnen zugestandenen Pfändung ihrer in die Stadt kommenden
Schuldner aus dem Ritterstande zu unterstützen. Während dieser
Beamte anfangs im Besitze der ungeschmälerten öffentlichen Gewalt
des Gemeinwesens sich befand, übte er später die Rechtspflege in
Gemeinschaft mit einem Kollegium eingeschworener Bürger. Ohne ihre
Mitwirkung war er, wie ein Erlaß des Markgrafen Friedrich des
Freidigen vom Jahre 1299 noch besonders ecinschärft, nicht befuge.
Vorladungen zu erlassen, Gericht zu halten, Verhaftungen zu versügen
und Strafen zu verhängen. Diese Geschworenen waren zugleich die
Verwaltungsbehörde der Stadt. Das Recht Willküren, d. h. für die
Stadt und ihr Weichbild gültige Verordnungen zu erlassen, und Steuern
zu erheben, wurde ihnen 1284 von Heinrich dem Erlauchten bestätigt,
war also schon vorher in Ausübung gewesen. Mit der Zunahme der
Stadt und der Verwaltungsgeschäfte und bei dem Zuge der Zeit nach
Selbständigkeit ergab sich für die Geschworenen die Notwendigkeit,
ihr Kollegium zu verstärken. Sie zogen also für die Verwaltung eine
Anzahl angesehener Bürger heran, während sie die Rechtspflege wie
vorher mit dem Schultheißen allein ausübten. Man nannte die so
zur Verwaltung mitberusenen Bürger consules, Berater, und solche
Ratmannen werden 1301 zum erstenmal erwähnt, waren aber jedenfalls
schon früher vorhanden. Die Selbständigkeit der Stadtverwaltung
erlangte ihren Abschluß, als an die Spitze der Stadtverwaltung ein
besonderer Vorsitzender trat in der Person des magister civium, des
Bürgermeisters. Ein solcher wird für Dresden im Jahre 1292 genannt.
Es ist bemerkenswert, daß um dieselbe Zeit auch in anderen Städten
des Landes Bürgermeister auftauchen; wir haben dieses Zeichen wachsen-
der Selbständigkeit wohl mit dem Tode Heinrichs des Erlauchten (1288)
und den darauf folgenden Streitigkeiten zwischen Albrecht dem Ent-
arteten, Dietrich von Landsberg, Friedrich dem Freidigen und Diez-
mann zuzuschreiben. Es erscheinen also Bürgermeister im Jahre 1291
zu Freiberg, 1292 zu Leipzig und Pirna, 1298 zu Chemnitz. Von
diesen genannten Städten zeigte Freiberg am frühesten Ansätze der