Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

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gehüllt sind, die aber im 13. Jahrhundert uns voll entwickelt entgegen- 
treten. Es ist das eine neue Gestaltung des altgermanischen Genossen- 
schaftswesens. Die Zunft eint die Handwerker gleicher Gattung, sie 
giebt ihm Rückhalt an einem wohlgeordneten Ganzen, sie sucht trotz 
des verschiedenartig sich entwickelnden Arbeitskapitals des Einzelnen 
die Gleichheit der Gewerbegenossen möglichst weiter zu erhalten; ein 
Normalarbeitstag wird festgesetzt, dessen Beginn und Ende die städtische 
Glocke verkündet, Nachtarbeit wird untersagt, der Lohn der unselb- 
ständigen Genossen durch Taxe festgelegt, die Höhe der Produktion 
normiert, sogar die Reklame geregelt. Auch wurde, um das Ansehen 
der Zunft nach außen zu erhalten, die Qualität der Ware auf das 
genaueste bestimmt. Darum mußten die Werkstätten zur öffentlichen 
Kontrolle der Arbeit nach der Straße zu liegen, was den eigentüm- 
lichen Charakter einer mittelalterlichen Stadt wesentlich bestimmte; jede 
Vermischung von Rohstoffen war untersagt; keine Arbeit sollte begonnen 
werden, bevor die frühere fertig vorlag. 
Diese zünftische Entwickelung schloß in sich zweifellos auch politische 
Bedeutung. Je geschlossener sich das Zunftwesen ausgestaltete, sich seine 
eigenen Gesetze gab, wirtschaftlich vermögend und selbständig wurde, um so 
mehr mußten die Zünfte darnach trachten, auch im Stadtregimente etwas 
zu bedeuten. Da die thüringischen Städte in ihrer Entwickelung den meiß- 
nischen voraus waren, so zeigt sich auch hier zuerst der Gegensatz 
zwischen den Zünften und dem Rate, ja, es kommt auch schon stark 
ausgeprägt der soziale Gegensatz zwischen arm und reich zu Tage, und 
zwar am ehesten in der am meisten erblühten Stadt Erfurt. 1280 erregte 
ein gewisser Vollrad von Gotha einen Aufstand des Pöbels gegen die 
Vornehmen, auch 1289 entstand ein solcher Aufruhr und im Zusammen- 
hange damit steht eine der ersten Rechtshandlungen Rudolfs von 
Habsburg, nachdem er auf offenem Markte Rat und Gemeinde vor 
seinen Richterstuhl zitiert und verhört hatte: er ließ acht der haupt- 
sächlichsten Unruhestifter enthaupten und die Köpfe an der Kämmerei 
und am Rathause auf eiserne Pflöcke stecken. Dem Rate riet er aber, 
in den Straßen an den Wänden Ketten anzubringen, die im Falle 
des Aufruhrs über die Straße gezogen werden könnten; was auch 
geschah. — Solche Erscheinungen, die in der folgenden Periode für 
fast alle städtischen Gemeinwesen in Deutschland typisch wurden, ver-
	        
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