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zu Erfurt die Großen des Reiches den Sohn Heinrichs, oder vielmehr
sie hatten gegen den dort erfolgten väterlichen Vorschlag keine Ein-
sprache erhoben; und num nach des Vaters Tode, bestätigten sie ihn
eingedenk des Versprechens als König. Würden sie aber dem Un-
erprobten staatsmännische Weisheit genug entgegenbringen, um zu
erkennen, daß auch dem ältesten und erfahrensten Einzelgliede eines großen
Staatskörpers schließlich nichts anderes übrig bleibt, als freundlicher
Beirat und, selbst im schlimmsten Falle, Unterordnung, wenn nicht das
Ganze und damit die Partikularexistenz erst recht Schaden leiden soll?
Sie brachten sie ihm nicht entgegen, und lange Jahre sind hin-
gegangen, ehe auch dem letzten geschichtschreibenden Mönche und dem
lleinsten an deutscher Geschichte mit dem Schwerte beteiligten Grafen
die Erleuchtung aufging, daß Otto von Sachsen wirklich mehr als
jeder andere beanlagt war, die deutsche Königskrone zu tragen. Aber
wer sollte eine Selbstverleugnung von den Reichsfürsten verlangen,
wenn man sie im eigenen Hause des Königs vermissen mußte?
Als Otto in Aachen an der geweihten Stelle, die Karl der Große
erbaut hatte, von der Hand des Erzbischofs Hildebert von Mainz die
Salbung zum Könige erhalten hatte, da waren die Herzöge in der
Ausübung der ihnen übertragenen Hofämter thätig gewesen und hatten
dadurch ihre Unterordnung unter das Königtum versinnbildlicht. Wir
schen da den Herzog Giselbert von Lothringen als Erzkämmerer für
die Unterbringung der vielen erlauchten Gäste besorgt, Eberhard von
Franken als Truchseß, Hermann von Schwaben als Mundschenk und
Arnulf von Bayern als Marschall. Kaum aber hatte 937 der König
die namentlich das südliche Deutschland bedrohenden Ungarn verjagt,
als 938 der neue Herzog von Bayern, Eberhard, ihm den Gehorsam
aufkündigte, so daß Otto zweimal zur Herstellung seines Ansehens nach
Bayern ziehen mußte. Er entsetzte Eberhard, der dann in der Ver-
bannung ein unbekanntes Ende gefunden hat, und machte Berthold, den
Oheim des Vertriebenen, zum Herzog, entzog ihm aber die Obergewalt
über die Bischöfe und stellte ihm außerdem in Arnulf, dem zuverlässi-
geren jüngeren Bruder Eberhards, als Pfalzgrafen einen Beobachter
zur Seite. Schon aber hatte der Frankenherzog ähnliche Gelüste, wie
sein bayrischer Namensvetter, gezeigt. Wegen Gewaltthat wider einen
sächsischen Edelmann in Geldbuße genommen, während seine fränkischen