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Erbe von seiner Mutter Hatheburg her berechtigten Anspruch zu haben
glaubte. Als nun 938 Graf Siegfried, von dem schon früher die Rede
war, mit Tode abging, hoffte er, dessen Grasschaft im Hassagau und
in der zwischen Saale und Elbe neu begründeten Mark zu erhalten,
um so mehr, als seine Mutter Hatheburg eine Base Siegfrieds gewesen
war. Aber der König hatte für diesen Posten einen andern Mann
erprobter Tüchtigkeit ausersehen, der wohl mit Siegfried gar nicht ver-
wandt war, Gero, einen in Norbthüringen am Fuße des Harzes
wohlbegüterten Edlen, und er hatte sich in diesem Manne rnicht
getäuscht. Auf Jahre hinaus waren Gero und Hermann Billung
die festen Pfeiler der deutschen Herrschaft gegen den Osten. Thankmar
aber in seinem Zorne über die abermalige Zurücksetzung vereinigte sich
mit Eberhard von Franken und beide bestürmten darauf die Burg
Belicke, die südlich von Lippstadt liegt; in ihr befand sich des Königs
jüngerer Bruder Heinrich, der bei der Eroberung den Siegern in die
Hände fiel und von Thankmar gewissermaßen als Geisel Eberhard
überlassen wurde, der ihn gefangen davon führte. Thankmar aber
besetzte die Eresburg. Als nun des Königs Leute herankamen, ließen
die Otto treu gebliebenen Bewohner sie heimlich ein, so daß Thankmar
in der dem Apostel Petrus geweihten Kirche seine Zuflucht suchte.
Aber auch an geweihter Stätte tobte der Kampf weiter. Am Altare
verteidigte sich Thankmar tapfer; schon hatte er eine Wunde erhalten,
als ihn eincr der Leute von außen durch ein hinter dem Altare be-
findliches Fenster mit wohlgezieltem Speerwurf erlegte (28. Juli 938).
Otto betrauerte zwar den Fall des Bruders, bestrafte aber die Teil-
nehmer am Aufstande streng. Einen thüringischen Großen, Dietrich,
und drei seiner Vettern, die sich Thankmar angeschlossen hatten,
büßten ihre That am Galgen, nach fränkischem Rechte. Eberhard aber
bat, auf die Nachricht von Thankmars Ende, seinen Gefangenen knie-
fällig um Vermittelung beim Bruder und erhielt die königliche Gunst
ind sein Herzogtum nach kurzer Haft in Hildesheim wieder.
Nun, hätte man denken sollen, war alles gut und nichts konnte
besser bestellt sein, als die Einheit im Reiche. Gerade das Gegenteil:
als Eberhard dem jugendlichen Heinrich zu Füßen lag, um dessen
Fürsprache zu erbitten, da ward ihm diese unter einer Bedingung zu-
gesagt, die seinen Ohren süße Musik war. Nur zum Schein solle er