— 602 —
gericht seines Vetters Jobst von Mähren und des Erzbischofs Albrecht
von Magdeburg. Von letzterem sogar mit dem Interdikt bedroht,
mußte sich Veit unterordnen, obwohl gerade Ende der achtziger Jahre
das Verhältnis des Markgrafen Wilhelm zu König Wenzel schon
gespannt war.
Den Grund gab die auch bei letzterem ab und zu mit einer ge-
wissen Energie hervortretende Vergrößerungspolitik Wenzels. Urban VI.
hatte, um dem Könige für seine Obedienz zu lohnen, einen Schützling
von ihm, den Böhmen Andreas von der Duba für den Merseburger
Bischofsstuhl bestimmt, obgleich das Kapitel sich schon für Heinrich
von Stolberg entschieden hatte. Klärlich tritt hier wieder das Be-
streben der Krone Böhmen hervor, auch in den geistlichen Gebieten
Vorposten vorzuschieben, wie solcher Versuch schon mit der allerdings
mißlungenen Unterstellung von Meißen unter das prager Erzstift von
Karl gemacht worden war. Obwohl in dieser Angelegenheit Mark-
graf Wilhelm nicht unmittelbar in Mitleidenschaft gezogen war, so
trat er doch mit aller Energie für den Erwählten des Kapitels ein
und erwirkte schließlich die Zurücknahme der ersten päpstlichen Sentenz.
wenn schon erst im Jahre 1392. Solche Dinge traten ebenso siörend
zwischen Wenzel und Wilhelm, wie die nie aufhörenden Grenzstreitig=
keiten über meißnisches und namentlich oberlausitzisches Gebiet. Wilhelm
war übrigens nach dieser Richtung nicht geneigt, jemals völlige Ruhe
eintreten zu lassen, sonst hätte es ihm Wenzel gegenüber an Handhaben
gefehlt, dessen Schwierigkeiten auszunutzen.
Denn an solchen litt Wenzel infolge seiner launischen Unberechen-
barkeit und arglistigen Willkür in Böhmen keinen Mangel. Bald
empörte er durch Mißachtung alter Vorrechte den Stolz des tschechischen
Adels, bald durch seinen Lebenswandel und namentlich durch rücksichts-
lose Besteuerung und tyrannische Behandlung den Klerus. Den
bösesten Gegner aber hatte Wenzel im eigenen Hause in der Person
seines leiblichen Vetters Jobst von Mähren, der ein verschlagener,
durch keine Gewissensbedenken aufgehaltener energischer Mann war
— man nannte ihn den Vater der Lüge — und sich mit der Hoff-
nung trug, einst an Stelle des Vetters König von Böhmen zu sein.
Er war bekanntlich der Schwager Wilhelms, der solche Verhältnisse
mit klarem und ruhigem Auge beobachtete und jederzeit bereit war,