— 712 —
politisches Auge und einen kriegerisch ausgebildeten Arm voraussetzten.
Wir sahen die böhmischen Verhältnisse in den letzten Phasen des
Hussitenkrieges, also auch die schließliche Anerkennung Kaiser Sigis-
munds durch die Iglauer Beschlüsse von 1436 sich ohne Zuthun der
wettinischen Fürsten entwickeln; nach dem Friedensschlusse mit den
Hussiten hatte Friedrich II. kein nennenswertes Interesse mehr am
Kriege gegen sie, vorausgesetzt, daß sie seine Lande in Frieden ließen.
Aber die Unzufriedenheit in Böhmen wuchs wieder heran, je weniger
Sigismund in seiner gewohnten unzuverlässigen Natur von Anfang an
auf Einhaltung der übernommenen Verpflichtungen gesinnt gewesen war.
Nach der gewöhnlichen Überlieferung bedrohte ihm infolgedessen zuletzt
sogar die Verräterei seiner eigenen Gemahlin Thron und Leben. Zwar
wußte er den Anschlag der Adelsrebellen zu vereiteln, er wich aber
doch fluchtähnlich aus Böhmen und wagte den entscheidenden Schlag
gegen seine Gattin und ihren Anhang erst in Znaym auf mährischem
Boden. Ehe aber die ganze Sache zum Austrag kam, verstarb Sigis-
mund am 9. Dezember 1437 und hinterließ die ganze Machtfülle des
luxemburgischen Hauses seinem tüchtigen Schwiegersohne Albrecht von
Osterreich, den er sich zum Beistand gegen die häuslichen Ränke heran-
gerufen hatte. — Die Frage der Königskrone und ihrer Vererbung
lag bei der Kinderlosigkeit Sigismunds den Fürsten zur Entscheidung
vor. Es lag nahe, Albrecht zu wählen; es schreckte aber auch die
machtvolle Stellung eines Herrschers der vereinigten habsburgischen
und luxemburgischen Lande. Somit kamen mehrere Wahlfürsten auf
die Kandidatur Friedrichs I. von Hohenzollern, Kurfürsten von Branden-
burg, namentlich weil er der kirchlichen Frage gegenüber, die damals
die Welt beherrschte, stets eine einsichts= und maßvolle Stellung ein-
genommen, namentlich aber zur Berufung des augenblicklich damals
noch immer tagenden Konzils zu Basel das Seine mit beigetragen hatte.
Daß Friedrich von Sachsen nicht zu den Verehrern dieser Kandidatur
gehörte, ist bei den damaligen Beziehungen Sachsens zu Brandenburg
selbstverständlich. Aber dem Hohenzoller stand im Wege, daß er,
abgesehen von seinem Alter, sich zu sehr für die Reform der Kirche
ins Zeug gelegt und damit sowohl beim Papste, als bei dem
baseler Konzil Anstoß erregt hatte, bei ersterem, weil ihm Reformen
überhaupt als ein Greuel erschienen, bei letzterem, weil auf seine