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tativen Stellung des Oberhauptes der Christenheit; aber wie wollte man
sie ersetzen, da man doch vom Papste einen gewissen Glanz seiner
Stellung verlangte und hunderte von kleineren Existenzen auf ihn und
seine Einnahmen angewiesen waren? Nicht nur dem allerdings sehr
anfechtbaren Finanzsystem der Kurie, nein, dieser selbst war ein tötlicher
Streich versetzt, wie denn auch der Erzbischof von Tours dem unver-
hohlen mit dem Worte Ausdruck gab, der päpstliche Stuhl müsse so
gerupft werden, daß es hinfort gleichgültig sei, wer ihn einnehmen würde.
Von da an begann der Niedergang des Konzils, weil sich die aristo-
kratischen Elemente der Christenheit mit dieser von demokratischem
Haß diktierten Nichtung gegen das Papsttum nicht zu befreunden ver-
mochten. Kam dazu, daß die griechische Kirche angesichts der immer
wachsenden Türkengefahr ihre Augen hilfesuchend nach dem Abendlande
richtete und wegen einer Wiedervereinigung mit der römischen Kirche
mit Eugen IV. zu unterhandeln begann, von dem baseler Konzil da-
gegen nichts wissen wollte. Dadurch wuchs Eugen wieder der Mutz;
er berief ein besonderes Konzil nach Ferrara, das dann nach Florenz
verlegt wurde; die Baseler erhoben dagegen natürlich Einspruch, aber
der Abfall hatte schon begonnen; von höheren Vertretern der Kirche
war nur noch der Erzbischof von Arles, Louis I'Allemand, geblieben.
Immerhin war man noch stark genug, um eine Kirchenspaltung zu
wagen und im Oktober 1439, wie schon früher erwähnt, den Herzog
Amadeus von Savoyen, der nach Niederlegung der Herrschaft am
Genfer See mit einigen Gleichgesinnten ein beschauliches Dasein führte,
als Felix V. auf den päßpstlichen Stuhl zu heben, nachdem man
Eugen als einen Ketzer, Simonisten und Friedensstörer abgesetzt hatte.
Die weltlichen Mächte, vor allem Frankreich, verhielten sich zu-
wartend. Eine zu Bourges im Januar 1438 abgehaltene französische
Nationalversammlung proklamierte die Neutralität der französischen
Kirche, die sich freilich durch allerhand Beschlüsse streng nationalen
Charakters von dem römischen Stuhle so gut wie freigemacht hatte.
Auch die deutschen Kurfürsten fanden, mit Recht, Neutralität als die
einzig wirkungs= und aussichtsvolle Stellungnahme, und da Albrecht V.
von Osterreich mit dieser Auffassung sich vollständig im Einklange
erklärte, fielen auf ihn die Stimmen der Kurfürsten; am 18. März
1438 wurde er als Albrecht II. einstimmig zum deutschen Könige