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an ihn zu machen. Es mag dahingestellt sein, ob dieser Abzug der
überlebenden Kauffungen ein ganz freiwilliger war. Lange noch lebte
Kunzens That in Lied und Sage des Volkes fort und namentlich
im Gebirge sang man den „lustigen Bergreihen“ von Kunzen, dem
Diebe, worin es u. a. heißt:
Was blast dich, Kunz, för Unlust an,
Daß du ins Schloß rein steigest?
Du styllst die zarten Herren raus,
Als der Churförst eben war nit zu Haus,
Die zarten Förstenzweige, ja Förstenzweige.
Ein 1822 am Fürstenberge bei Elterlein errichtetes Denkmal
erinnert noch heute an die Begebenheit, die übrigens Kurfürst Friedrich
noch im selben Jahre in einem längeren Rundschreiben darstellte; er beab-
sichtigte wohl damit dem durch einen über das Verfahren des Fürsten gegen
einen ihres Standes erbitterten Adel und dem von ihm ausgehenden
üblen Gerede zu begegnen. Es ist ja ganz natürlich, daß jene Zeit
über ein Vergehen ganz anders urteilte, das in unseren Tagen schlechter-
dings unmöglich wäre. Das enge Band zwischen Fürst und Volk,
das wir heute als selbstverständlich ansehen, war damals nicht vor-
handen, konnte auch nicht vorhanden sein, da ein rechtlich gesichertes
Verhältnis zwischen Fürst und Unterthan nicht bestand. Insofern sich
bei nicht völlig nachgewiesener Lehnsabhängigkeit Kunz von Kauffungen
darauf berufen konnte, daß er an den Kriegen des Kurfürsten in eigener
„Ebenture" (Abenteuer) teilgenommen, war ihm der Kurfürst zu
Schadenersatz verpflichtet, und zwar nach nicht zu knauserigen Grund=
sätzen. Daß er Kunz als eine Art ebenbürtigen Gegner ansah, beweist
seine Klage, daß ihm nicht zur vorgeschriebenen Zeit die Fehde an-
gesagt worden war. Wohl aber hatte Kunz schon am 4. Juli seine
Absage an den Kurfürsten gesandt, für deren verspätetes Ankommen er
an sich nicht verantwortlich zu machen ist, wenn ihm nicht absichtliche
Verzögerung des Boten nachgewiefen werden kann. Auffallend ferner
bleibt ohne Frage das für diese Zeit ganz merkwürdig rasche Gerichts-
verfahren. Binnen einer kurzen Woche ist der Mann gefangen, an-
geklagt, prozessiert, verurteilt, hingerichtet. Der Prozeß spielt sich vor
einem Gerichtshof ab, nach dessen Kompetenz man fragt. Die Ant-