Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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neigung gewesen wäre, wie sie Fremden das niederdeutsche Volk ja 
nie anfangs gleich entgegenbringt, sie dann aber um so aufrichtiger 
und andauernder im Herzen hegt. Aber zu sehr waren die Friesen 
durch den langen Parteikampf aufgeregt und erbittert, als daß sie 
diese hochwerte Charaktereigenschaft auch ihrem neuen Fürsten gezeigt 
hätten. « 
Immerhin war, nicht zum wenigsten auch durch des Grafen 
Edzard Eingreifen gegen Groningen, der Zustand in Friesland be- 
friedigend genug, um Albrecht eine Reise nach der Heimat möglich 
erscheinen zu lassen. Er ging im September 1499 über Emden nach 
Meißen, wo sein persönlicher Aufenthalt dringend gewünscht wurde, 
und nahm dann an dem Reichstag zu Augsburg teil, wo die alten 
Fragen zur Tagesordnung standen: Bekämpfung der Franzosen und 
Bekämpfung der Türken. Für die Zeit seiner Abwesenheit bestellte 
Albrecht seinen zweiten Sohn Heinrich, für den er ja eigentlich das 
Fürstentum erworben hatte, als Regenten. Leider entwickelte der un- 
glückliche junge Mann ein Verhalten, durch das des Vaters mühevolle 
Arbeit völlig in Frage gestellt werden, schließlich spurlos verschwinden 
sollte. Dem jungen Manne meinten entweder allzu eifrige oder allzu 
liebedienerische Freunde nichts besseres raten zu dürfen, als daß man 
das eines Landesfürsten ungewohnte Volk durch Gewalt zum Ge- 
horsam zwingen müsse. Heinrich, der zu wenig Anschauung vom 
wirklichen Leben hatte, um ein Volk wie die Friesen zu verstehen und 
die Tragweite seiner Entschließungen zu übersehen, ging zu seinem 
Schaden gern auf diesen Gedanken ein. Anknüpfend an die Aus- 
machung, daß Herzog Albrecht Festungen nach Belieben erbauen dürfe, 
begann er eine solche bei Harlingen, nahm aber, ohne weiter im 
Gau anzufragen, das Baumaterial von den Besitzungen der um- 
wohnenden Edlen. Der Albrecht bewilligte außerordentliche Zuschuß 
wurde mit großer Härte beigetrieben, und thörichterweise verbot Heineich, 
den Tag von Stavoren, an dem seiner Zeit Wilhelm von Holland 
umgekommen war ferner öffentlich zu feiern. Wie tief das traf läßt 
sich aus dem Umstand annehmen, daß man nunmehr allenthalben im 
westerlauwerschen Friesland auf bewaffneten Widerstand zu denken 
begann und die Stimmen derer unbeachtet ließ, die noch zu guterletz 
auf eine gütliche Einigung mit dem übel beratenen jungen Fürsten
	        
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