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Rechtspflege.
In dem früheren Kulturkapitel ist von dem Eingehen der alten
Landdinge und von dem Aufkommen der Hofgerichte die Rede gewesen.
Eine Erinnerung an jene bildeten noch die Mannen- oder Ritter-
gerichte, in denen zum Austrag gerade streitiger Lehns- und sonstiger
Besitzfragen wichtigerer Art unter dem Vorsitze des Fürsten die höheren
Vasallen zusammentraten. Da das Hofgericht zunächst dem Hofe des
Fürsten folgte, also bald hier, bald dort war, so bestellte schon Heinrich
der Erlauchte Landrichter, die in den einzelnen Landesteilen bei vor-
handenem Bedürfnis erschienen und Recht sprachen. Im 14. Jahr-
hundert finden sich dann festbestellte Landrichter für Thüringen, Meißen,
das Osterland und die fränkischen Besitzungen. Von ihnen stand eine
Berufung an das Hofgericht frei. — Dagegen suchten die wettinischen
Fürsten, wie ihre anderen Standesgenossen dieser Zeit auch, anderen
Appellationen einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben. Dergleichen
pflegten an den Papst und an den Kaiser zu geschehen, und zwar in
der Regel von solchen, die sich von dem Entscheide der heimischen
Gerichtsbarkeit nicht viel versprachen oder mit einem schon gefällten
Urteile nicht zufrieden waren. Wir sahen, wie Heinrich III., Burggraf
von Meißen und Herr von Plauen, gegen Ernst und Albrecht sowohl
an den Papst, wie an den Kaiser Berufung einlegte, allerdings ohne
daß es ihm etwas genutzt hätte. Gegen die Appellationen an die
Legaten des Papstes erlangte Friedrich der Streitbare im Jahre 1421
von Papst Martin V. ein Privilegium, nach dem solche Berufungen
nicht gestattet sein, sondern alle Sachen vor ihrem zuständigen Richter
verhandelt werden sollten. Dieses Breve Martins V. wurde den
Brüdern Ernst und Albrecht im Jahre 1481 von Sixtus IV. erneuert,
ohne daß darum nun auch ein entsprechendes allgemeines landesfürstliches
Verbot ausgegangen wäre. Erst Herzog Wilhelm III. von Thüringen
erließ in seiner Landesordnung von 1446 ein solches, durch das den
Unterthanen im Falle Zuwiderhandelns mit Geldstrafe und dem Verluste
ihrer Forderung gedroht wurde, falls sie sich in einer weltlichen Sache
an ein geistliches Gericht wenden würden. Merkwürdig ist, daß da-
gegen weder der Papst noch die etwa dabei geschädigten Erzbischöfe
und Bischöfe Verwahrung eingelegt haben. Sfter scheint der Übel-