Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

— 854 — 
an den verschiedenen Stühlen ganz öffentlich, ohne Hehl, vor sich. 
Unter einem Baume vor dem Thore der Stadt, auf Hügeln, an 
Brücken, über die die Heerstraße führte, in Burghöfen, ja innerhalb 
der Städte auf dem Markte saß der allen Leuten bekannte Freigraf 
mit seinen ebenfalls aller Welt bekannten sieben Schöppen zu Gericht; 
oft wurden noch andere Schöppen hinzugezogen; man legte sogar bei 
wichtigeren Sachen auf deren möglichst zahlreiches Erscheinen besonderen 
Wert. Publikum fand sich auch zahlreich genug ein; es mußte aber 
abtreten, sobald aus der öffent- 
lichen Verhandlung ein beschlosse- 
nes Ding gemacht wurde, wie 
das auch früher schon bei den 
altdeutschen Grafengerichten der 
Fall gewesen war. lbrigens 
wurde es Sitte, auch außerhalb 
der „roten Erde“, eine Bezeich- 
nung, die, nebenbei bemerkt, erst 
gegen Ende des 15. Jahrhunderts 
gebräuchlich wird, Wissende zu 
haben. Kaiser Sigismund sah 
es gern, wenn namentlich Für- 
Vemlinde bei Dortmund. sten sich dazu machen ließen. 
Darunter der steinerne Richtertisch. Auch die sächsischen Fürsten ge- 
hörten dazu. 
Nun übten aber diese westfälischen Vemgerichte keine ständige 
Amtsgewalt aus, auch keine räumlich oder sachlich begrenzte, sondern 
sie traten immer nur zur Aburteilung bestimmter, außerordentlicher 
Fälle in Thätigkeit. Ursprünglich wollten sie nur dazu da sein, um 
im Falle der Rechtsverweigerung durch den zuständigen Richter an 
Kaisers Statt des Rechtes zu walten, oder wenn sich der schuldig 
gefundene Teil hartnäckig der Genugthuung entzog oder wenn dem 
Beklagten auf andere Weise nicht beizukommen war. Auch galt ur- 
sprünglich nicht jedes Vergehen für „vemewrogig“, d. h. als der 
Rechtspflege der Veme untergeben, sondern nur Diebstahl, Raub, 
Mord und unrechtmäßige Fehde. Aber später verwischten sich solche 
Grenzen und man glaubte einerseits, daß die Zuständigkeit der Veme 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.