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entsprechend, die Vemerichter nicht unbestechlich. Ferner wurde das
Amt eines Freischöffen später von Leuten gesucht, die eigentlich alle
Ursache hatten, mit Gerichten möglichst wenig Bekanntschaft zu machen;
sie erwirkten ihre Aufnahme durch Geld und sicherten sich dadurch
vor unbequemen Klagen. Immerhin bildete die Veme durch das
ganze 15. Jahrhundert eine Macht, mit der zu rechnen war. Fried-
rich der Streitbare sah sich infolgedessen genötigt, wie eine merk-
würdige Urkunde aus dem Jahre 1425 beweist, Heinrich Stapel und
Dietrich Nyhusen mit zwanzig rheinischen Gulden als Mannlehen zu
besolden, damit sie, wenn die wettiner Fürsten oder ihre Unterthanen
vor die Freigerichte geladen würden, dahin reiten und die Sache der
Beklagten führen sollten. Die auf sämtliche wettinische Lande aus-
gebreitete Berufungsfreiheit von fremden Gerichten schien die west-
fälischen Freistühle nicht zu kümmern. Sie zogen, trotzdem durch seine
Landesordnung 1446 Herzog Wilhelm jede Berufung untersagt hatte,
nach wie vor Rechtssachen aus seinen Ländern vor ihr Forum. In-
folgedessen beschwerte sich Wilhelm beim Kaifer und erließ gleichzeitig
an den Freigrafen Johann Gardewich zu Limburg ein Schreiben, in
dem er sich auf die ihm zu teil gewordene Befreiung von jeder Evo-
kation und Appellation beruft und darauf aufmerksam macht, daß er
und seine Räte als Wissende recht wohl im stande sei, zu beurteilen,
daß die von den Freistühlen in Anspruch genommenen Rechtssachen
nicht zu ihrer Zuständigkeit gehörten. Der Kaiser zog infolge von
Wilhelms Klage die Freigrafen zur Verantwortung, worauf sie ihm
erklärten, daß „dy Sachen die gehörich und gebürlich zu richten sint,
in des heilgen Riches freyen heimlichen Gerichten, sich nirgends anders
gebüren zu vercleren noch zu rechtvertigen, denn vff Westvelischer Erden“.
Der Kaiser, mit dieser Erklärung nicht zufrieden, beschloß, 1454 die
zu Frankfurt versammelten Reichsstände zu befragen. Doch ist nicht
überliefert, wie der Streit zu Ende ging. Mit dem immer weiter
sinkenden Ansehen der Veme kümmerte man sich dann nicht mehr um
ihre Vorladungen, und damit hörte natürlich auch die landesfürstliche
Rücksichtnahme auf sie auf. — Im Zusammenhange damit ist zu er-
wähnen, daß 1432 durch eine Verordnung Friedrichs des Sanftmütigen
und seiner Brüder auch die Berufungen an den magdeburger Schöppen-
stuhl verboten und alle Unterthanen angewiesen wurden, daß sie, so oft
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