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Gemeinwesen. Auch hier hat Thüringen wieder den Vorsprung, doch
auch die fränkischen und osterländischen Gebiete sind reichlich genug
beteiligt. Es werden mit eigenem Rechte begabt 1335 Heiligenstadt,
1350 Ilm, 1368 Hof, 1372 Schlieben, 1381 Orlamünde, 1406 Mag-
dala, 1407 Lobeda, 1410 Weimar, 1412 Schleusingen und Gräfen-
thal, 1424 Chemnitz, 1430 Leisnig, 1431 Colditz u. a. m. Dabei
treten uns Namen entgegen, die heute geringe oder fast keine Bedeutung
mehr haben, damals aber ein entschiedenes wirtschaftliches lbergewicht
innerhalb ihrer Umgegend durch ihr Marktrecht und durch ihre zentra-
lisierte Verwaltung erlangten. So war schon 1455 Döbeln an der
Mulde im stande, Friedrich dem Sanftmütigen 500 rheinische Gulden
zu leihen und dafür eine Jahresrente für die folgenden acht Jahre
abgetreten zu erhalten.
Man erkennt, wie sich in einer fast Schritt für Schritt zwar nicht
immer nachweisbaren, aber nachfühlbaren Weise die städtische Kraft zu
einem Ansehen entwickelte, das mit dem fürstlichen Ansehen keineswegs
immer vereinbar war. Auf Erfurt darf hierbei wohl nicht verwiesen
werden, weil es, wie schon im vorigen Kulturabschnitt gesagt, einmal
durch seine ganz einzige wirtschaftliche Entfaltung eine besondere Stel-
lung einnahm, dann aber bei seiner doppelten Abhängigkeit, einerseits
von dem Erzbischof von Mainz, anderseits vom Landgrafen von Thü-
ringen, bemüht war, den einen gegen den andern auszuspielen. Aber
auch in andern Städten läßt sich das Bestreben erkennen, bei einem
fehlenden, wirklich anerkannten, allgemeinen Fürstenrechte Selbständigkeit
so lange und so energisch zu entwickeln, bis ein harter Daumen sich
dieser emporstrebenden Selbständigkeitsregung aufs Auge sezte.
Denn wohin hätte es führen sollen, wenn schließlich jedes, auch das
kleinste Gemeinwesen mit Beiseiteschiebung der landesherrlichen Gewalt
sich Gerichtsbarkeit und Steuererhebung ohne jegliche Kontrolle anmaßte?
Ein Eingreifen des Fürsten in diese Entwickelung ist an verschiedenen
Orten bemerklich. In einer Urkunde der Brüder Friedrich, Balthasar
und Wilhelm vom Jahre 1373 übertrugen die Genannten außer der
Münze auch das Stadt= und Landgericht zu Freiberg erblich an die
Gebrüder Wyrand und Hans Ziegler, sowie Hanemann Gruner; 1380
werden neben dem Letztgenannten zwei andere als Münzmeister
aufgeführt, ihnen wiederum das Stadtgericht übertragen, vor allem