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dieses sogen. Erbschulzenamtes schloß in sich wieder eine Schmälerung der
landesherrlichen Gewalt, woher in Leipzig schon 1392 das Ambeseitigt
und ein fürstlicher Vogt eingesetzt wurde. Friedrich der Streitbare gab
dann 1423 der Stadt ihre selbständige Gerichtsbarkeit zurück.
Wir sahen bis 1438 die Fürsten in den hauptsächlichsten An-
gelegenheiten, namentlich aber in Geldsachen, mit den einzelnen Stän-
den, also auch mit den Städten, gesondert unterhandeln, so daß man
von einer organischen Eingliederung der Stände zu einem staatlichen
Gemeinwesen noch keineswegs reden kann; sie wurde angebahnt durch
die 1438 zum erstenmal erscheinenden allgemeinen Landtage. Auch das
aber trug wieder zu einer selbständigeren Entwickelung der Städte bei,
was in unruhigen Zeitläuften sich besonders bemerklich machte. Freibergs
Stellung im Bruderkriege Friedrichs des Sanftmütigen und Wilhelms
von Thüringen verdient hierbei Erwähnung. Die Stadt blieb, wie es in
jeder vorangegangenen und nachfolgenden Teilung festgehalten wurde,
gemeinschaftliches Eigentum der Brüder und der Rat beschloß deshalb,
sich möglichst neutral zu verhalten, und seine Selbständigkeit dabei zu
wahren. Als Kurfürst Friedrich deshalb die auf einem Tage zu Leipzig
mit den Ständen ausgemachte Kriegshilfe auch von Freiberg begehrte,
mußte er dem Rate erst versichern, daß er diese von ihm geforderten
Truppen nicht wider seinen Bruder brauchen, sondern Apeln von Vitz-
tum damit strafen und dessen Schlösser in Meißen, nämlich den Krieb-
stein und Lichtenwalde, einnehmen wolle. Daraufhin rückten 300 wohl-
bewehrte Freiberger aus und nahmen Kriebstein. Dem Kucsürsten
aber hatte der also bewiesene selbständige Geist der Stadt übel ge-
fallen. Mit vielem Kriegsvolke kam er bei Nacht in das Schloß
Freudenstein, ließ dann von da aus die Stadt überfallen, die Thore
besetzen, auf dem Markte eine Wagenburg aufschlagen und dann unter
Trommelschlag und Trompetenklang ausrufen, daß sich Rat und Bürger-
schaft bei ihm versammeln solle, um ihm allein, unter Verschwörung
des Bruders, Huldigung und Kriegsfolge zu leisten bei Verlust von
Leib, Gut und Leben. Sofort berief der damalige Bürgermeister
Niklas Weller von Mollsdorf den Rat und die angeseheneren Bürger
zu einer Sitzung, mahnte sie an ihre Pflicht gegen den Herzog Wil-
helm, und daß man nicht um Menschenfurcht und um zeitlichen Vor-
teils willen einen heiligen Eid brechen dürfe, worauf man sich mit Herz,