Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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werden; es galt das übrigens für ein so sehenswürdiges Schau- 
spiel, daß Herzog Wilhelm von Weimar besonders dazu herüber- 
kam, was, da sich auch die Bischöfe von Halberstadt, Merseburg und 
Naumburg mit anderen Prälaten und Geistlichen einstellten, wenn auch 
teilweise zu einem anderen Zwecke, der Stadt Bewirtungskosten von 
914 Schock verursachte. Die Geistlichkeit, insbesondere die Bischöfe, 
waren nämlich notwendig, weil der Verbrecher ein Geistlicher war; 
der Halberstädter hatte vom mainzer Erzbischof den Austrag em- 
pfangen, ihn in feierlicher Weise aus dem geistlichen Stande aus- 
zustoßen. 
Es wurde also auf dem Fischmarkte ein Gerüst mit Brettern 
darüber errichtet und darauf der Mönch in seiner Kutte geführt, der 
in der Hand den Kelch und die Patena, d. i. die Platte für das ge- 
weihte Brot, hielt, gerade als wolle er Messe lesen. Diese heiligen 
Gefäße nahmen ihm der Weihbischof, der geistliche Vertreter des mainzer 
Erzbischofs, nebst den anderen Bischöfen ab, schabten ihm die Haut 
von den äußersten Fingergliedern ab, mit denen er das Sakrament 
gehalten hatte, ferner auch von der Tonsur und verboten ihm, fernerhin 
noch Konsekrationen vorzunehmen, entkleideten ihn ferner seiner Kutte 
und übergaben ihn nunmehr dem weltlichen Gerichte. Das sprach 
natürlich stracks das Todesurteil aus und überlieferte den Delinquenten 
dem Scharfrichter. Das weitere Verfahren wurde schon erzählt. 
Wenn auch die beiden soeben erzählten Ereignisse den Wohlstand 
Erfurts schwer erschütterten, so konnten sie ihn doch ebensowenig wie 
gleichzeitig von gelegenheitsbereiten Nachbarn unternommene Fehden ver- 
nichten. Doch wuchs die Schuldenlast der Stadt, die von dem großen 
Brande bis 1477 allein für Neubauten 17 270 Schock ausgab. Denn 
es wurden die durch das Unglück Geschädigten in der Weise unter- 
stützt, daß der Rat vom Abte von Reinhardsbrunn und Georgenthal 
Wald kaufte, um Bauholz zu bekommen und auf dem Steiger und 
zu Tonndorf und hinter dem städtischen Spital Ziegelhütten bauen 
ließ, aus denen die notleidenden Bürger ihre Ziegel für die Hälfte 
des Preises erhielten. Am Ende des Jahrhunderts, im Jahre 1496, 
hatte die Stadt Passiven von 111229 Gulden, und das war gerade 
das Jahr, in dem Kurfürst Friedrich der Weise und sein Bruder 
Johann bei der Stadt die Abhaltung eines Turniers erbaten, des-
	        
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