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werden; es galt das übrigens für ein so sehenswürdiges Schau-
spiel, daß Herzog Wilhelm von Weimar besonders dazu herüber-
kam, was, da sich auch die Bischöfe von Halberstadt, Merseburg und
Naumburg mit anderen Prälaten und Geistlichen einstellten, wenn auch
teilweise zu einem anderen Zwecke, der Stadt Bewirtungskosten von
914 Schock verursachte. Die Geistlichkeit, insbesondere die Bischöfe,
waren nämlich notwendig, weil der Verbrecher ein Geistlicher war;
der Halberstädter hatte vom mainzer Erzbischof den Austrag em-
pfangen, ihn in feierlicher Weise aus dem geistlichen Stande aus-
zustoßen.
Es wurde also auf dem Fischmarkte ein Gerüst mit Brettern
darüber errichtet und darauf der Mönch in seiner Kutte geführt, der
in der Hand den Kelch und die Patena, d. i. die Platte für das ge-
weihte Brot, hielt, gerade als wolle er Messe lesen. Diese heiligen
Gefäße nahmen ihm der Weihbischof, der geistliche Vertreter des mainzer
Erzbischofs, nebst den anderen Bischöfen ab, schabten ihm die Haut
von den äußersten Fingergliedern ab, mit denen er das Sakrament
gehalten hatte, ferner auch von der Tonsur und verboten ihm, fernerhin
noch Konsekrationen vorzunehmen, entkleideten ihn ferner seiner Kutte
und übergaben ihn nunmehr dem weltlichen Gerichte. Das sprach
natürlich stracks das Todesurteil aus und überlieferte den Delinquenten
dem Scharfrichter. Das weitere Verfahren wurde schon erzählt.
Wenn auch die beiden soeben erzählten Ereignisse den Wohlstand
Erfurts schwer erschütterten, so konnten sie ihn doch ebensowenig wie
gleichzeitig von gelegenheitsbereiten Nachbarn unternommene Fehden ver-
nichten. Doch wuchs die Schuldenlast der Stadt, die von dem großen
Brande bis 1477 allein für Neubauten 17 270 Schock ausgab. Denn
es wurden die durch das Unglück Geschädigten in der Weise unter-
stützt, daß der Rat vom Abte von Reinhardsbrunn und Georgenthal
Wald kaufte, um Bauholz zu bekommen und auf dem Steiger und
zu Tonndorf und hinter dem städtischen Spital Ziegelhütten bauen
ließ, aus denen die notleidenden Bürger ihre Ziegel für die Hälfte
des Preises erhielten. Am Ende des Jahrhunderts, im Jahre 1496,
hatte die Stadt Passiven von 111229 Gulden, und das war gerade
das Jahr, in dem Kurfürst Friedrich der Weise und sein Bruder
Johann bei der Stadt die Abhaltung eines Turniers erbaten, des-