Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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Oberhoheit immer wieder unangenehm ins Gedächtnis brachte, waren 
die schon öfter erwähnten, unter den verschiedensten Vorwänden erhobenen 
Geldforderungen der Geistlichkeit, die einesteils ihren Grund in den 
ebenfalls durch die Umwandlung der Naturalwirtschaft in die Geld= 
wirtschaft erzeugten finanziellen Schwierigkeiten der Geistlichkeit, andern- 
teils und vor allem in der grenzenlosen Habsucht der Kurie zu suchen 
haben. Dazu kam, daß namentlich die höhere Geistlichkeit unter dem 
Einflusse einer neuen, am Altertum gebildeten, dem Christentum aber 
abgewandten Zeitrichtung mehr als sonst feinerem Lebensgenuß fröhnte, 
aber auch damit ihren Geldbedarf vermehrt sah. Das war schon die 
Ursache, die die Konzile von Pisa und Konstanz hervorgerufen hatten; 
wir wissen, mit welchem Erfolge! Denn noch erkannte man eben nicht, 
daß es sich hier nicht um eine äußere „Reformation der Kirche an Haupt 
und Gliedern“ handelte, sondern daß es einer inneren Reform, einer 
Erneuung des verloren gegangenen christlichen Glaubensprinzips und 
einer Umgestaltung des kirchlichen Lehrbegriffs unter Beiseitelassung 
des rein Außerlichen und vor allem der Abhängigkeit von Rom be- 
durfte. Daher die ganz hervorragende Sympathie, die der Konzils- 
bewegung entgegengetragen wurde, daher schon vorher die ursprüng- 
liche Anteilnahme des Volkes an der Geißlerbewegung, die sofort 
umschlug, als man in ihr statt einer natürlich empfundenen Reaktion 
gegen die mißbräuchliche Stellungnahme der Kirche ganz andere und 
mitunter ketzerische Neigungen zu spüren begann. Schon 1350 hatte sich 
zu Erfurt ein den Flagellanten Angehöriger mit Namen Konstantin für 
den Sohn Gottes ausgegeben und war dann auf dem großen Markte 
verbrannt worden. Er hatte zwar in Aussicht gestellt, daß er nach dreien 
Tagen wieder auferstehen werde; „er ist aber weder Simoni noch irgend 
jemand anderem erschienen“, fügt die alte erfurtische Chronik jener Nach- 
richt hinzu. Die Geißler fanden in Erfurt noch einmal neuen Auf- 
schwung, kurz bevor das Kostnitzer Konzil eröffnet wurde; es muß 
dazu bemerkt werden, daß auch in Italien zu Ende des 14. Jahr- 
hunderts die kaum unterdrückte Geißlerbewegung neu im Aufblühen 
begriffen war. Der erfurter Leiter der Bewegung war ein gewisser 
Konrad Schmidt. Seinen Anhängern galt er für Elias, ein Genosse 
von ihm, der auch alsbald den Feuertod erlitt, für Henoch; beide 
würden einst dem jüngsten Gericht vorsitzen. Ihre Meinungsäuße- 
Sturmhoesel, Geschlchte der sächsischen Lande. 61
	        
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